Drogentod hinter Gittern: Heroin in der Nusspackung
Eine Insassin eines Frauengefängnisses ist an einer Überdosis gestorben. Zwei andere haben knapp überlebt. Schmuggel in Knäste lässt sich nicht verhindern
Drogenabhängige gehören nicht hinter Gittern. Um das zu wissen, muss man kein Gesundsheitsexperte sein. "Aber was sollen wir mit Abhängigen machen, wenn sie Straftaten begangen haben und sich keiner Therapie unterziehen wollen?", gibt Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) die Frage zurück, warum solche Menschen wider besseres Wissen eingesperrt werden.
Wie erst jetzt öffentlich bekannt wurde, ist im August im Frauengefängnis Lichtenberg eine Frau an einer Überdosis Heroin gestorben (taz berichtete). Zwei andere weibliche Inhaftierte haben sich im Laufe des Sommer eine Überdosis verabreicht - eine 36-Jährige am 24. Juli sowie eine 46-Jährige am 18. September. Diese beiden konnten aber gerettet werden.
Bei der nächsten Sitzung des parlamentarischen Rechtsauschusses dürften die Konservativen mal wieder schärfere Sicherheitskontrollen fordern. Dabei ist das völlig unsinnig: "Wo Luft hinkommt, kommen auch Drogen hin", pflegt ein langjähriger Vollzugsexperte zu sagen.
Zurzeit sitzten in der Frauenhaftanstalt Lichtenberg 86 Inhaftierte ein. Rund die Hälfte davon ist drogenabhängig. In den Männer-Knästen konsumieren 20 bis 30 Prozent der Insassen Drogen. Es gibt x Wege, wie der Stoff in die Gefängnisse gelangt. Über Freigänger und Urlauber, die in die Anstalt zurückkehren, über Besucher, in Päckchen, unter Briefmarken oder in Lebensmitteln. Auch Beamte sind schon beim Schmuggel erwischt worden.
So gesehen ist es eigentlich ein Wunder, dass in den Gefängnissen nicht mehr passiert. Denn noch weniger als Drogenabhängige auf der Straßenszene können sich abhängige Insassen darauf verlassen, dass der Stoff in Ordnung ist. "Die Qualität lässt sich nicht kontrollieren, das Zeug ist überwiegend gestreckt. Deshalb nehmen die Leute hier drinnen eher mehr", sagt ein Gefangener, der sich auskennt. Bei großen Schwankungen, so wie im Fall der 35-jährigen Insassin, kann das tödlich enden.
Die Frau war wegen eines Drogendelikts seit März 2009 inhaftiert. Im Februar 2010 wäre sie entlassen worden. Eine Stunde haben die Beamten versucht, sie zu reanimieren. Vergebens. Die Frau ist die zweite Drogentote in Lichtenberg in den letzten vier Jahren.
Für Inhaftierte wie für Bedienstete sei so ein Tod immer dramatisch, sagt die Justizsenatorin. Die Anstalten versuchten Vorsorge zu treffen, zum Beispiel gebe es in dem Dienstgruppen wöchentliche Drogenbesprechungen. "Aber ganz ausschließen kann man solche Vorfälle nicht nicht".
Ganz folgenlos sind die Ereignisse in der Frauenhaftanstalt Lichtenberg nicht geblieben. Drogenabhängige, die Vollzugslockerungen haben, dürfen den Knast seither nur in Begleitung einer Beamtin verlassen. Damit soll verhindert werden, dass die Frauen zu Drogenkurieren werden. "Der Druck unter den Insassen, etwas von draußen mitzubringen, ist riesig", sagt ein Kenner. Zu einer spürbaren Verknappung hat die neue Regelung aber auch nicht geführt. Längst haben sich andere Wege gefunden: In einer Packung Nüsse und unter einer Schuhsohle wurden unlängst Heroin entdeckt.
Die Zahl der Drogentoten ist in Berlin leicht zurückgegangen. Sie sank 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 6 auf 152.
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