piwik no script img

Drogen-LiberalisierungKiffen straffrei in Argentinien

Das Oberste Gericht in Buenos Aires gestattet Erwachsenen den Besitz von Marihuana für den persönlichen Gebrauch.

Wer erwachsen ist, darf in Argentinien sogar inhalieren. Bild: dpa

BUENOS AIRES dpa/taz | In Argentinien ist der Besitz kleiner Mengen von Marihuana für den persönlichen Gebrauch künftig nicht mehr strafbar. Der Oberste Gerichtshof erklärte die bisherige Praxis, die jeglichen Drogenbesitz unter Strafe stellte, am Dienstag für verfassungswidrig. Dies gelte jedoch nur für Erwachsene, und Dritte dürften nicht in ihrer Gesundheit gefährdet werden, entschieden die sieben Richter einstimmig. Der Besitz und Konsum kleiner Mengen Marihuana im privaten Bereich seien durch das in der Verfassung verankerte Selbstbestimmungsrecht gedeckt, begründeten die Richter ihre Entscheidung.

Das Gericht fällte die Grundsatzentscheidung im Rahmen eines Strafverfahrens. Dabei ging es um fünf junge Leute, die mit insgesamt drei Joints erwischt worden waren. Sie wurden freigesprochen. Eine genaue Obergrenze für die "legale" Menge an Marihuana soll später benannt werden.

Auch die Regierung der peronistischen Präsidentin Cristina Kirchner hat sich für die Entkriminalisierung des Konsums ausgesprochen, damit sich die Polizei auf die Bekämpfung des Drogenschmuggels konzentrieren könne. Der Konsum von Marihuana - auch in der Öffentlichkeit - ist unter Jugendlichen in Argentinien schon bisher weit verbreitet.

Das Urteil liegt im Trend ähnlicher Entscheidungen anderer lateinamerikanischer Länder. Erst letzte Woche war in Mexiko eine Gesetzesänderung beschlossen worden, die den Besitz kleiner Mengen von Drogen entkriminalisiert. Liberalisierungen gab es auch in Venezuela, Ecuador und Kolumbien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

12 Kommentare

 / 
  • B
    basti

    manch ein drogenverherrlicher sollte sich nochmal genauer erkundigigen.

    die anzahl an cannabissüchtigen (psychische abhängigkeit ist auch eine abhängigkeit) nimmt zu.

    folgeerkrankungen wie psychosen nehmen zu.

     

    aber auch strikte Legalisierungsgegner täuschen sich.

    Einstiegsdrogen sind auch der morgendliche kaffee, die mittägliche zigarette und das abendliche glas wein.

     

    ich bin für legale abgabe an erwachsene, das ist selbstbestimmung. von den genussmittelsteuern kann man dann auch eine derart gerichtete aufklärungsarbeit bezahlen.

     

    und wer das für doppelmoral befindet: kippe, schnaps, lotto...

  • A
    aso

    @ Anonym:

    „...wer das ... braucht, der hat ein Problem...“:

    Völlig daneben: bis auf Alk, das wirkt, weil es ein Nervengift ist,

    wirken die anderen genannten Drogen, weil sie vom Körper gebraucht werden:

    in gewissen Situationen werden sie vom Körper selbst hergestellt, und wirken, von außen zugeführt nur, weil es die körpereigenen Rezeptoren dafür gibt.

    Will man die Entscheidung, wann welche Drogencocktails bereitstehen, nicht allein dem Körper überlassen, führt man sie von außen zu.

    Was fehlte, war also die Kontrolle über die Substanzen. Über die man als Benutzer lieber selbst willentlich entscheidet.

    Welche Drogen man zuführt ist nicht egal, denn im Gegensatz zu Opiaten ist bei Cannabis keine Überdosierung möglich.

    „...Gnade uns Gott, wenn das Kiffen hier in Deutschland noch legalisiert wird...“:

    hätte in erster Linie die Alk-Lobby darunter zu leiden. Deshalb ist das Cannabis - Verbot, das sich rational nicht begründen läßt, ein politisches Problem.

    In Argentinien wurde es gelöst...

  • 2
    2012

    @Anonym

     

    Was aus Ihrer Sicht für das Kiffen gilt, gilt aus der Sicht anderer für TV, Musik, Schokolade, Yoga, Tee, ... Persönliche Ablehnung sollte nun wirklich kein Grund sein, nach staatlichen Verboten zu schreien.

  • A
    Anonym

    Gnade uns Gott, wenn das Kiffen hier in Deutschland noch legalisiert wird.

    Wozu braucht man den Stoff? Um sich zu entspannen?

    Egal ob Alk, Kiffen oder härte Drogen, wer das zum Entspannen braucht, der hat ein Problem. Der versucht etwas mit Drogen zu ersetzen, was ihm sonst fehlt.

  • AH
    Andreas H.

    Hurra, eine statliche Instanz, die wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt!

     

    Könnten wir vielleicht die gesamte Bundesregierung outsourcen und die Regierung Argentiniens damit beauftragen?

  • A
    aso

    @ Domas:

    „...Aber es wäre ein Segen, wenn es hierzulande als Zeichen verstanden wird, der Dämonisierung zu entsagen...“:

    Kaum anzunehmen, daß solche Knallchargen wie „Bundesdrogenbeauftragte“ Sabine Bätzing in der Lage ist solche Zeichen zu deuten. Wer nicht mal das ausufernde Koma-Saufen der Kids in den Griff kriegt, gleichzeitig das harmlose Cannabis dämonisiert,

    hat sich schon längst als Handlanger der Alk-Lobby geoutet.

  • D
    Domas

    Ich begrüße dass Urteil, warne aber davor es eins zu eins auf deutsche Verhältnisse zu übersetzen. Südamerika hat generell ein Drogenproblem, und wie der Artikel, wenn auch nicht deutlich genug, andeutet, wird die Polizei, die mit drakonischen Strafen, meist Prügel und Ingewahrsamnahme den Recht Gehör verschafft, dem Problem nicht mehr Herr. Da ist es wichtiger den Crack, Kokain- und Heroinmarkt zu kontrollieren.

     

    Aber es wäre ein Segen, wenn es hierzulande als Zeichen verstanden wird, der Dämonisierung zu entsagen, denn leider ist es eine verquerte Argumentation. Medienpersonen, die sich mit Drogen vollpumpen oder vor aller Öffentlichkeit saufen, werden nicht an den Pranger gestellt.

  • S
    Sire

    Wehret den Anfängen!

     

    Mit Kiffen fängt es noch recht harmlos an, doch was folgt dann? Wir wissen ganz genau, dass diese Entscheidung nur der Einstieg ist. Eines Tages werden in ganz Südamerika alkoholische Getränke legal konsumiert werden dürfen und die Menschen werden ungeniert in aller Öffentlichkeit Tabak rauchen dürfen. Tausende und Abertausende Tote, Millionen Kranke sind zu erwarten. Kann das gewollt sein?

  • SJ
    Smoky Joe

    Da kann man nur hoffen, dass sich auch in Deutschland bald Vernunft und Toleranz gegen die ideologisch motivierte und mit keinen schlüssigen Argumenten zu rechtfertigende Kriminalisierung und Stigmatisierung von Cannabis-Konsumenten/innen durchsetzt.

  • S
    Sven

    ............ööö

  • W
    wolf

    das cannabis illegal ist ist sowieso nur eine schikane der industrie und nicht zu rechtfertigen während man alkohol überall bekommen kann. wenn man zuviel trinkt ist man tot. wenn man zuviel kifft schläft man ein.ausserdem macht kiff im gegensatz zu alkohol nicht körperlich süchtig. der status quo ist also mit rationalen argumenten nicht zu erklären.

    es gibt keinen nachgewiesenen fall wo jemand an kiff gestorben ist. das andere argument, "einstiegsdroge", wäre mit einer legalisierung ebenfalls vom tisch, da man nicht in diese dunstkreise kommt wenn man cannabis in der apotheke erhalten kann. wenn man sich die schockwerbung in den usa der 50er jahre anguckt, sieht man welches bild fälschlicherweise von diesem kraut vermittelt worden ist und noch immer aufrechtgehalten wird. das ist einer der irrtümer dieser welt, welche wohl nicht mehr revidiert werden. LEGALIZE IT - DONT CRITISIZE IT

  • DS
    Die Stimme aus dem Off

    der südamerikanische Kontinent wird mir immer symphatischer ! schon interessant wie lang es über die voranschreitende Liberalisierung weicher Drogen in Südamerika in den deutschen Medien trotz Sommerloch scheinbar Stillschweigen gegeben hat.

     

    Für mich das erste Mal, dass ich davon lese..

     

    In diesem Sinne

     

    “¡Causachun coca!” “Es lebe das Coca (-Blatt) !