Dritte Weltkonferenz zu Kinderarbeit: 168 Millionen Betroffene
Die Globale Konferenz endet mit bloßen Appellen. Das Ziel der Abschaffung der schlimmsten Formen der Ausbeutung bis 2016 wird verfehlt.
RIO DE JANEIRO taz | Mit Appellen und dem Versprechen zusätzlicher Anstrengungen ist die III. Globale Konferenz zu Kinderarbeit in Brasilien zu Ende gegangen. Neue Maßnahmen oder gar verbindliche Zielsetzungen zum Schutz von Jungen und Mädchen in der Arbeitswelt wurden nicht beschlossen. Lediglich das auf der letzten Konferenz vor drei Jahren in Den Haag beschlossene Ziel, bis 2016 die schlimmsten Formen der Kinderarbeit – beispielsweise in Minen und Bordellen oder unter gefährlichen Bedingungen – bis 2016 weltweit abzuschaffen, wurde erneut bekräftigt.
Dass dies kein realistisches Ziel ist, hatte der Direktor der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, Ruy Guder, bereits zum Auftakt des Treffens in der Hauptstadt Brasilia zugegeben. Mehrere Teilnehmer zeigten sich am Freitag enttäuscht, dass keine neuen konkreten Zielsetzungen formuliert wurden.
Mit den Worten „Es fehlt nicht an Mitteln, sondern am politischen Willen“ brachte der ehemalige brasilianische Präsident Luis Inácio Lula da Silva diesen Unmut auf den Punkt. Kinderarbeit sei überall dort auf der Welt zu finden, wo es Hunger und Armut gibt, so Lula vor über tausend Teilnehmern aus Politik, Unternehmen und Gewerkschaften. „Ich habe als Jugendlicher Obst und Erdnüsse verkauft. Meine sieben Geschwister haben auch schon im Kindesalter gearbeitet, nicht weil es uns gefiel oder unsere Mutter es wollte, sondern weil es zu Hause nicht genug zu essen gab“, erklärte der frühere Gewerkschafter.
Sozialprogramme, Armutsbekämpfung und die Umverteilung des Einkommens seien der einzige Weg zu verhindern, dass Minderjährige arbeiten müssen, so das Fazit Lulas. Zugleich verwies er auf die Erfolge Brasiliens im Kampf gegen die Armut, seit seine Arbeiterpartei 2003 an die Macht kam. Ein Lob für seine eigene Politik sowie ein Beitrag zum Wahlkampf seiner Nachfolgerin und Parteikollegin Dilma Rousseff, die kommendes Jahr eine zweite Amtszeit anstrebt.
Anlass zum Handeln gibt es genug. Weltweit müssen laut dem jüngsten ILO-Bericht rund 168 Millionen Kinder und Jugendliche arbeiten. Etwa die Hälfte von ihnen schuftet unter schweren, ausbeuterischen Bedingungen. Zugleich vermeldet die ILO immerhin eine positive Tendenz: Zwischen 2002 und 2012 wurde die Zahl der Minderjährigen, die nicht zur Schule, sondern arbeiten gehen, weltweit um 30 Prozent gesenkt.
Alternative Ansätze zum Umgang mit dem Phänomen der Kinderarbeit spielten während der Konferenz keine große Rolle. Viele Basisgruppen diskutieren angesichts der Unmöglichkeit, mittelfristig den ökonomischen Zwang zur Kinderarbeit zu beenden, Fragen wie Selbstorganisierung, Interessenvertretungen der Betroffenen oder spezielle Richtlinien für die Arbeitsbedingungen von Kindern. Obwohl neben Experten auch Jugendliche ein eigenes Forum auf der Konferenz hatten, ging deren Vision nicht über die üblichen Appelle an den guten Willen der politischen Entscheidungsträger hinaus.
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