STANDBILD: Dreisatter Appetit auf Werbung
■ "Neues...", Computer-Show, Mittwoch, 19.30 Uhr, 3sat
Neues in der Com-Box Fernsehen. Neuer geht es schon gar nicht mehr. Nämlich, eine Computershow. Die Betonung liegt auf Show. Schau an. Im Mittelpunkt standen weder ermüdende technische Details über einzelne Com-Puter oder Com- Gockel und deren Soft-Ware, sprich Windeier, noch Konflikte und Diskussionen in der Branche. Das versteht ja eh nur „ein kleiner Teil der Zuschauer“. Das meinen jedenfalls die Macher der Sen-Dung.
Com-Puter ist eben Männersache. Mit Zuschauerinnen wurde schon gar nicht gerechnet. An-Wen- Dung stand im Vordergrund. Gezeigt wurde, wie Profis mit der Elektronik arbeiten: Kompostisten, Medizinmänner, Rennfahrer oder Graficker. Spaßig wäre es gewesen, dabei zu sein, wenn die 200 Erstseher (und zwei -innen) den in der Sendung von Computerindustriellen vorgeführten Crashtest nachahmten und ihre Schlepptops aus Tischhöhe auf den Boden fallen ließen, um hinterher deren Funktionsfähigkeit zu testen. Hoffentlich haben sie nicht vergessen, vorher ein backup zu machen. Faß-zieh-nierend war es, als die Com-Puter-Gewalttätigen aus dem nÄHkästchen plauderten und doch rein gar nichts darüber erzählten, wie ihrer Meinung nach die Zukunst der Com-Puter aussieht. Eine brANDaktuelle Übung, die alle Jahre wieder in den diversen Com- Puter-Zeitschriften nachzulesen ist.
Natürlich sollte auch was für die Familie dabei sein. Spiele sind gemeint. Der Redakteur der Spielecke, Klaus Möller, faselte etwas vom interaktiven Spielerlebnis und intelligenten Spielen, wo man sogar noch Lebenshilfe bekommt. Faschospiele hält er für ein Phantom. Für ihn wird nicht jeder, der „Wing-Commander“ spielt, automatisch zum Massenmörder. Das soziale Umfeld sei entscheidend beim Umgang mit Ballerspielen. Er sollte sich mal am Kiosk um die Ecke anschauen, welche Spiele da auf die Kids losgelassen werden, bis hin zum Porno.
Ernst beiseite. Worum geht es bei „Neues“ wirklich? Es geht um die Werbemillionen, die in den sogenannten Fachzeitschriften abgezockt werden. 3sat will auch etwas von dem Kuchen haben. Da saß am Mittwoch der Moderator namens Spannik in einem Formel-V-Rennwagen, auf dem dick das Signet von „Commodore“ prangte. Die Fahrsimulation, die er zeigte, war überschattet von „Amiga“-Werbeflächen. Beim Interview mit einem Rennfahrer war im Hintergrund „Zenith Data Systems“ gut präsent. Und auch der Herr Möller entblödete sich nicht, in seinem 60-Sekunden-Spielebeitrag fünfmal den Namen eines Sharewarevertriebes positiv zu erwähnen. Peter Huth
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen