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Dreierbande, ein Punkt

■ Beim 3:3 gegen Werder überzeugt der HSV, doch einige wollen dennoch Köpfe rollen sehen Von Clemens Gerlach

Manchen kann man es nie recht machen. Direkt nach dem Schlußpfiff von Schiedsrichter Hellmut Krug entrollten ein paar HSV-Fans am Fuße der Südtribüne ein Transparent. „Benno und seine Dreierbande raus!“, hatte das halbe Dutzend auf die mehrere Meter lange Stoffbahn gebannt. Und noch etwas, undeutlich zwar, aber dennoch zu erkennen: ein Kreuz hinter dem Vornamen des Trainers und die Jahreszahl 95.

Nun läßt sich sicherlich darüber debattieren, ob Benno Möhlmann der Totengräber des Vereins ist – wir wollen das Kreuz einmal so deuten, alles andere wäre mehr als geschmacklos – und ob der Vorstand mit Präsident Ronald Wulff, Vize Hans Schümann und Manager Gerhard Flomm für den HSV die Idealbesetzung ist. Unstreitig ist hingegen, daß der Zeitpunkt für den wie immer motivierten Protest – vorsichtig ausgedrückt – ziemlich unglücklich gewählt worden war. Die Handvoll Kritiker hinterließen ungefähr soviel Eindruck wie der Auftritt des deutschen Schlager-Duos Stone & Stone beim letzten Grand Prix: „Germany, one point“ – der letzte Platz war ihnen sicher.

Die gut 32.000 Zuschauer (Flomm: „Da muß ich noch mal nachrechnen“) hatten ja auch Besseres zu tun, als ein paar wildgewordene Handfeger mit ihrer Anteilnahme aufzuwerten. Sechs Tore in „einem erstklassigen Spiel“, sinnierte Benno Möhlmann, „das wird es diese Saison nicht mehr häufig geben“. Vermutlich hat der 41jährige recht. Schon aus Sorge um seinen eigenen Arbeitsplatz wird der arg Umstrittene nicht umhin kommen, seiner Mannschaft bald schon wieder das Defensivkorsett zu schnüren – trotz der beiden überzeugenden Leistungen zum Auftakt. Sechs Gegentore hat der HSV in zwei Spielen kassiert, auf Dauer zuviel, um etwas weiter oben mitspielen zu können.

Dabei war eher das Gegenteil erwartet worden. Mit Houbtschew als Libero und Henchoz als neuem Manndecker sollte nichts anbrennen. Doch nun lauert hinten die Gefahr, während der HSV vorne hübsch Druck macht. Am Freitag abend gelangen André Breitenreiter zwei prima Tore zum 2:0, doch dann patzte die Abwehr beim Anschlußtreffer durch Hobsch. Selbst nach Harald Spörls 3:1 schwamm der HSV bedenklich – Basler und wieder Hobsch wußten, wie man die Gastgeber unterdukern konnte.

Den Rettungsring hatten auch nicht die Auswechselspieler dabei. Kindvall, Kober und Claaßen waren kein Ersatz für Ivanauskas, Breitenreiter und Mason – auch das eine unschöne Erfahrung. Können die ersten elf nicht mehr beisammen sein, ist der HSV eine Klasse schwächer. „Es kommen auch noch andere Mannschaften“, spendete sich Möhlmann Trost. Außerdem stimme die Einstellung, was das einzige sei, „wo die Spieler mit mir Ärger kriegen könnten“. Und er mit dem Publikum, wenn trotz guten Spiels auf Dauer die Punkte ausbleiben. Ein paar Transparente mehr wären es dann wohl schon.

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