Drehtüreffekt: Schneller Wechsel in die Wirtschaft
Grünes Licht vom Sozialsenator: Ex-Staatsekretär Büge darf Geschäftsführer einer Firma sein, über dessen Vergütung seine alte Verwaltung entscheidet.
Sozialsenator Mario Czaja unternimmt nichts gegen den schnellen Job-Wechsel seines ehemaligen Staatssekretärs Michael Büge (beide CDU). Czaja hätte Büge den neuen Job untersagen können. Aber nach Ansicht der Sozialverwaltung „werden durch seine Beschäftigung als Geschäftsführer der Bürgerhilfe keine dienstlichen Interessen beeinträchtigt“, teilte Czajas Sprecherin Constance Frey der taz mit. Der Senat hatte Büge im Sommer vergangenen Jahres rausgeworfen, weil der seine Mitgliedschaft in der rechtslastigen Burschenschaft Gothia nicht aufgeben wollte. Seit Februar ist Büge Geschäftsführer der Bürgerhilfe, die mit rund 90 Mitarbeitern an 15 Standorten betreutes Wohnen etwa für Obdachlose anbietet.
Was den Wechsel pikant macht: Die Bürgerhilfe finanziert sich hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln – und über deren Höhe entscheidet Büges früherer Arbeitgeber, die Senatsverwaltung für Soziales. Für die Kriseneinrichtung für Frauen am Oraniendamm in Reinickendorf zum Beispiel erhält die Bürgerhilfe 119,91 Euro Tagessatz pro betreuter Frau. Der schnelle Wechsel eines Staatssekretärs in ein Unternehmen war in die Kritik geraten. Der Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt sagte, es habe „ein Geschmäckle, wenn Büge von dem Geld, das er vorher in der Senatsverwaltung ausgegeben hat, jetzt sein Gehalt bezieht“. Lobbycontrol-Geschäftsführer Ulrich Müller meinte: „Wer aus einer Regierung ausscheidet, nimmt Insiderwissen und Insiderkontakte mit, und es gibt die Gefahr, dass der neue Arbeitgeber später genau deshalb bevorzugt wird.“
Henkels Job-Verbot
Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte erst kürzlich gezeigt, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt, gegen solche Wechsel vorzugehen. Im März wurde bekannt, dass Henkel dem ehemaligen Staatssekretär Ulrich Freise (SPD) den Wechsel in die Geschäftsleitung der Pin Mail AG untersagt. Das Land Berlin ist der mit Abstand größte Kunde des Briefdienstleisters Pin. Freise hatte eine Pause von neun Monaten zwischen dem Job in der Verwaltung und der Wirtschaft verstreichen lassen. In der Geschäftsführung des Tochterunternehmens Pin Services GmbH darf Freise allerdings noch arbeiten, er hatte zudem im Februar gegen das Arbeitsverbot bei der Pin Mail AG Klage eingereicht.
Das Beamtenstatusgesetz regelt, welche Jobs ein Beamter im Ruhestand annehmen darf: „Die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung ist zu untersagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.“ Ein Sprecher von Henkel erläuterte gegenüber der taz: „Eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ist dann zu besorgen, wenn ein nicht unerheblicher Zusammenhang zwischen der vormaligen dienstlichen Tätigkeit und der neuen Erwerbstätigkeit besteht. Ein derartiger Zusammenhang ist dann anzunehmen, wenn der ausgeschiedene Beamte mit den Angelegenheiten des Unternehmens, für das er nun tätig ist, innerhalb der letzten fünf Dienstjahre dienstlich nicht nur unerheblich befasst war.“
Posten ohne Einfluss
Nach Ansicht der Sozialverwaltung hatte Michael Büge „in Bezug auf die Bürgerhilfe in seiner Funktion als Staatssekretär der Senatsverwaltung für Soziales keine Entscheidungen von erheblichem Gewicht treffen konnte, noch konnte er auf entsprechende Entscheidungen Einfluss nehmen.“ Die Sozialverwaltung habe rund 1.000 Einzelvereinbarungen mit sozialen Einrichtungen in Berlin, die auf einem Rahmenvertrag basierten: „Den Vergütungen liegen einheitliche Vergütungsprinzipien und einheitlich verhandelte Steigerungsraten zugrunde.“
In den Vereinbarungen wird geregelt, wie viel Euro ein Träger wie die Bürgerhilfe pro betreutem Obdachlosem bekommt. Aber „die Vereinbarungen führen nicht automatisch zur Beauftragung“, so Czajas Sprecherin. Welcher Träger sich um einen Obdachlosen kümmert, entscheiden die Bezirke.
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