: Dreck macht stolz
■ Statt des Dramatischen Theaters residiert jetzt das Orph-Theater im Schokoladen
Das Theater im Schokoladen in der Ackerstraße war zuletzt eine gute Adresse, um günstig Cocktails zu trinken. Der brüchige Hinterhofraum wurde erst im letzten Herbst plüschig zurechtgemacht und sollte den Besuchern einen neuen Barock nahebringen. Drei Monate später war aber alles schon wieder vorbei.
Im Projektmittelroulette für freie Gruppen fiel für die Theaterbetreiber Matthias Merkle und Antje Borchardt nichts ab, sie fanden sich mit Plänen für ein großes Justine-Projekt ohne Geld alleingelassen. Da gleichzeitig ein Auftrag für die Expo 2000 lockte, schlossen sie ihr neu eröffnetes „Dramatisches Theater“ wieder und gaben den Schlüssel an das Orph-Theater weiter, das beim Spiel ums Geld zufällig das mittelgroße Los einer Basisförderung (150.000 Mark pro Jahr) zog.
Jetzt ist der rote Vorhang wieder weg, und wo vorher der lange Tresen war, stehen Aktenordner und ein Computer. An der Wand hängen holzgerahmte Aufführungsfotos und ein großformatiges Gemälde in Erdtönen. Dieses entstand vor drei Jahren im Rahmen einer „Quixote“-Aufführung. „Ein Pferd, das auf dem Rücken liegt und sich aufbäumt. Es liegt im Dreck, aber es ist stolz. Das ist ein wichtiger Zug unseres Theaters“, erzählt Susanne Truckenbrodt, künstlerische Leiterin des Orph-Theaters, beim Pressefrühstück.
Das Theater im Schokoladen ersetzt eine kleine Wohnung im vierten Stock in Prenzlauer Berg: Das „Laborph“ in der Sredzkistraße war für das Theater, das seit 10 Jahren als freies Ensemble existiert, einfach zu eng geworden. Außerdem wurde Prenzlauer Berg als künstlerische Produktionsstätte immer ungünstiger. „Das ist ein netter Bezirk, um Kaffee zu trinken, aber bewegen kannst du da kaum noch was“, stellt Truckenbrodt nüchtern fest. In Mitte lassen sich Netze leichter knüpfen. Das „Orph-Theater im Schokoladen“ ist in erster Linie Proben- und Produktionsstätte für neue Stücke, die im Theater am Halleschen Ufer Premiere haben.
Eine Theater-Werkstatt mit Öffnungszeiten. Zweimal im Monat sollen Stücke aus dem eigenen Repertoire gespielt werden. Außerdem wird es einzelne Gastspiele von Gruppen und Leuten geben, die dem Oprh-Theater verbunden sind. Spielstätteneröffnung ist am 11. Juni um 21 Uhr mit einer Neufassung von „Rudelmang“, einem deutschen Familiendrama nach Texten von Stramm, Weiss, Schwab. Felix Herbst
Orph-Theater, Ackerstraße 169/170, Mitte
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