: Draußen und drinnen ist ein Leben
■ Beim Sub Dub'95 feiert die Hamburger Reggae-Szene mit U. K. Apachi und Schackalacka Sound aus London sich selbst und ihren ersten Sound Navigator-Sampler
Die Züge fahren hier auf Stelzen. In etwa sieben Meter Höhe führen die Eisenbahnschienen mitten durch die Fabrikhalle in Bahrenfeld, in der einst Getreide und Kohle in Lastwagen umgeladen wurde. Am Freitag werden hier nun die Baßfrequenzen umgeladen. Denn die Reggae Szene aus dem Hamburger Underground gibt sich ein Stelldichein, zu dem auch Vertrauensleute aus England geladen wurden. Neben dem Jungle-Toaster U.K. Apachi stehen aber vor allem Soundsystems auf zwei verschiedenen Bühnen im Zentrum. Der Anlaß der Festivität ist die Veröffentlichung des ersten Sound Navigator-Samplers, der unter dem Motto „Setting Sail – For An Outernational ReggaeStyle“ ebenso hanseatische wie internationalistische Segel setzt.
Sound Navigator nennt sich der Zusammenschluß aus 10 Aktivisten um Bands wie Dub Me Ruff und Di Iries und Soundsystems wie Silly Walks, die sich vom letztjährigen Einbruch in ihren gemeinsamen Proberaum nicht unterkriegen ließen und mit Spenden, Benefiz-Konzerten und Erspartem einen Neuanfang im gleichnamigen Studio machten. Die gemeinsame Arbeit soll nun mit Festival und Sampler einer breiteren Öffentlichkeit – die Halle fast bis zu 5000 Tanzlustige – zugeführt werden.
Sampler wie Festival geht es nicht um eine enge stilistische Definiton, sondern um das breite Feld zwischen Dancehall und Jungle – was auch der Biographie der Ak-teure entspricht, die erst in letzter Zeit den tiefen Frequenzen des Dub, seinen melancholischen Obertönen verfielen. „In der Zwischenzeit“, meint der Mit-Organisator und Operator Markus Grapmeyer, „kann man den Tänzern einen bunten Teller von Stilen, die alle im Reggae wurzeln, präsentieren.“
Grapmeyer, der gerade mit Dub Me Ruff eine neue Platte aufnimmt, legt Wert auf Kommunikation mit dem Publikum. „Es ist ja nicht so, daß wir einfach Platten auflegen. Wir nehmen die spärlichen und ausgedünnten Dat-Mixe aus dem Sound Navigator-Studio und schaffen mit Soundmodulen, analogen Synthesizern, Frequenzweichen und Mikrophonen eine Atmosphäre, die exakter auf das Publikum eingehen kann.“
Besonders auf den melodischen Style des Sing-Jays Jooxie Nice aus London, der wieder aus dem Knast ist, darf man dabei gespannt sein. Zuvor werden noch Schackalacka Sound, ein Entdeckung des Dub-Großmeisters Jah Shacka, und die Boom Disciples aus London sowie Daddy Teacha aus Plymouth die Tiefe der Bässe neu bestimmen.
Volker Marquardt Ramikal Halle, Daimlerstraße 63, ab 20 Uhr/ Warm Up ab 16 Uhr
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