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Dramaturgin über Theaternachwuchs"Man muss die Schwelle niedrig halten"

Das Schauspiel Hannover hat in einer seiner Spielstätten ein Café eingerichtet, das von Jugendlichen selbst verwaltet und bespielt wird. Heute auf dem Spielplan: Das "Erste Internationale Krökelturnier". Dramaturgin Friederike Trudzinski über Kickern, Kunst und Schwellenängste.

Kicker-Turnier der Profis: das im Ballhof organisieren Jugendliche selbst. Bild: dpa
Klaus Irler
Interview von Klaus Irler

taz: Frau Trudzinski, das Schauspiel Hannover veranstaltet am heutigen Donnerstag in der Spielstätte Ballhof Zwei kein Theaterstück, sondern einen Kickerabend unter der Überschrift "Erstes Internationales Krökelturnier". Was haben Sie sich dabei gedacht?

Friederike Trudzinski: Das Programm im Ballhof-Café wird nicht von uns Dramaturgen veranstaltet, sondern von den Jugendlichen, die dort arbeiten. Das ist der Versuch eines selbstverwalteten Cafés, soweit das in einer so großen Institution wie dem Staatstheater Hannover möglich ist. Die Jugendlichen entscheiden selbst, was das Café im Ballhof Zwei für ein Ort sein soll.

Was sind das für Jugendliche, die da Programm machen?

Friederike Trudzinski

28, ist in Hamburg aufgewachsen. Sie studierte Theaterwissenschaften, Germanistik und Ethnologie und arbeitet als Dramaturgin am Schauspiel Hannover.

Das sind vor allem theateraffine Jugendliche zwischen 18 und 21. Die meisten von ihnen haben am Theater Praktika gemacht oder auch selbst schon gespielt als Jungdarsteller oder Statisten. Sie haben sich formiert, als sie von dem Projekt gehört haben.

Was hat das Schauspiel Hannover für einen Hintergedanken bei dem Projekt?

Wir haben uns gewünscht, dass man in der Altstadt einen Ort etabliert, an dem auch Jugendliche, die noch keinen Kontakt zum Theater hatten, mit uns in Kontakt treten können. Sei es, indem sie selbst Kunst schaffen, sei es, indem sie darüber diskutieren, was man im Ballhof sehen kann. Das ist ein Ort, an dem man ganz nahe dran ist an den Schauspielern und Mitarbeitern des Theaters. Wir wollen, dass das über die Theatervorstellungen hinaus ein Ort ist, an dem man sich trifft.

Wie lange gibt es das Café schon?

Seit September diesen Jahres. Wir haben angefangen im Rahmen des Projektes "Republik Freies Wendland - Reaktiviert" auf dem Platz vor dem Ballhof. Da haben wir unsere Startenergie hergenommen. Und auch selbst ein paar Veranstaltungen zum Thema Atomkraft, Staatsgründung und Selbstverwaltung gemacht.

Welche Rolle spielt das Schauspiel Hannover bei dem selbstverwalteten Café?

Wir treffen uns einmal die Woche und besprechen, was man da machen kann. Und versuchen, die Vorhaben der Jugendlichen mit unserer Technik und unserer Verwaltung zu koordinieren. Aber es sind die Ideen der Jugendlichen, die wir umsetzen. So kam es eben auch zum Internationalen Krökel Turnier.

Machen Sie mit dem Projekt nicht den Jugendzentren Konkurrenz?

Ich habe keine Befürchtungen, dass es zu viele Orte für Jugendliche gibt. Eher im Gegenteil. Wir treten nicht in ein Konkurrenzverhältnis, je mehr Möglichkeiten es für Jugendliche gibt, umso besser.

Aber Sie müssen ja schon versuchen, sich als Theater abzuheben von den Angeboten, die es sonst so gibt.

Ich glaube, dass die Theaternähe schon einen großen Unterschied dazu macht, wie Jugendzentren funktionieren. Das Ballhof-Café kann nicht nur, aber auch wegen seiner Theaternähe aufgesucht werden. Hier sollen die Jugendlichen nicht in erster Linie betreut, sondern vor allem als Zuschauer und Kreative ernst genommen werden. Ein Ort, an dem erst die Kunst ist, und dann die Grundversorgung.

Ist es denn tatsächlich so schwer, Jugendliche fürs Theater zu interessieren?

Natürlich ist das Theater nicht der Ort, an den Jugendliche als Erstes denken, wenn sie ihre Freizeitgestaltung planen. Aber diejenigen, die diese Schwelle übertreten, gehen da immer wieder begeistert raus. Man muss die Schwelle, da reinzugehen, möglichst niedrig halten. Das ist das, was wir mit dem Café versuchen.

Woran liegt es, dass Jugendliche sich so schwertun mit der Schwelle zum Theater?

Das hat viel mit den Eltern zu tun. Es ist ja oft so, dass Erwachsene nur mit ihren Kindern zu Kinderstücken ins Theater gehen. Der Theaterbesuch wird selten vorgelebt.

Gibts auch ein Imageproblem? Fehlt die Coolness?

Jein. Ich finde Theater cooler als Fernsehen. Aber in der Außenwahrnehmung ist es schon so, dass das Theater als Bildungsbürger-Einrichtung wahrgenommen wird.

Was man von Kicker-Turnieren nicht vermuten muss. Was ist der erste Preis heute Abend?

Der Sieger bekommt Freigetränke, eine Sammlung von Kronkorken und wird mit einem großen Bild auf unserer Pinnwand geehrt. Außerdem gibt es Freikarten zu gewinnen. Und bis es einen nächsten Meister gibt, ist man immer Ehrengast.

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