Dramatische Lage in Aleppo: Hoffen auf die Waffenruhe
Um in der syrischen Stadt helfen zu können, müsse es Feuerpausen von mindestens 48 Stunden geben, sagt das Deutsche Rote Kreuz. Unklar ist, ob es dazu kommt.
Berlin/Moskau dpa | Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat die Gewalt in der umkämpften syrischen Stadt Aleppo scharf verurteilt. Kampfpausen von mindestens 48 Stunden sowie humanitärer Zugang zu den Betroffenen seien unverzichtbar, sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag). Diese Zeitspanne sei erforderlich, um Hilfsgüter zu den Betroffenen zu bringen und die zerstörte Infrastruktur, etwa Wasserleitungen, zumindest notdürftig in Stand zu setzen. „Wir benötigen Garantien aller Konfliktparteien, dass diese Pausen eingehalten werden, damit humanitäre Helfer ihre Arbeit tun können“, sagte Seiters.
Russland hatte sich am Donnerstag dazu bereit erklärt, jede Woche eine 48 Stunden lange Feuerpause in Aleppo einzulegen. Moskau unterstützt das Regime in Damaskus in dem Bürgerkrieg. Allerdings lief schon eine erste Ankündigung Russlands, täglich die Waffen drei Stunden schweigen zu lassen, ins Leere. Der Krieg ging unvermindert weiter.
Die Lage in Aleppo wird laut DRK immer dramatischer. Es fehle an Nahrungsmitteln, Medikamenten, Trinkwasser und Benzin, um Generatoren zu betreiben, unter anderem auch für die Krankenhäuser. „Die Menschen sind nirgendwo vor dem Beschuss sicher. Immer wieder werden Krankenhäuser beschossen und dabei Patienten und Pflegepersonal getötet„, sagte Seiters. Er mahnte eine politische Lösung des Syrien-Konfliktes unter Einbindung der regionalen wie der internationalen Akteure an.
Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Bärbel Kofler, kritisierte gravierende Menschenrechtsverletzungen in den Gefängnissen des syrischen Regimes. „Ich bin erschüttert über den neuen Bericht von Amnesty International zur Lage in den Gefängnissen des syrischen Regimes, der einen systematischen Angriff gegen die Zivilbevölkerung dokumentiert, als Teil eines staatlichen Vorgehens, das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt“, erklärte sie.
„Folter, Missbrauch, sexualisierte Gewalt, die Verhinderung des Zugangs zu medizinischer Versorgung und der Einsatz von Hunger als Waffe sind alltägliche Form der Kriegführung des Regimes“, so Kofler. „In den staatlichen Haftzentren sind hunderttausende wahllos ausgewählte Zivilpersonen, oft Frauen und Minderjährige, Opfer von Folter.“
Seit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren sind in den Gefängnissen des Regimes laut Menschenrechtlern fast 18 000 Menschen ums Leben gekommen. Die Häftlinge seien dort vom ersten Moment an schwerer Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International.
Leser*innenkommentare
conny loggo
Aleppo ist überall, das schreibt heute der Spiegel. Wie in der TAZ auch kriegt man sich nicht mehr ein über Assad und die Russen.Aber mit überall ist nur Syrien gemeint. Aber lassen sie sich sagen Aleppo ist auch im Jemen. Auch dort werden Krankenhäuser bombardiert und Kinder gemordet. Dort sind es aber Saudi Arabien Emirate Katar die ihre Bomben und Raketen töten lassen. Und jede Wette die werden von der USA beraten. So wie Saddam mal beraten wurde zum Giftgaseinsatz im Irak. Es würde also reichen wenn der Mainstream über beide Aleppos in gleicher Art informieren würde, und über Syriens Aleppos nicht so pharisäerhaft empört Meinung machen wollen. Wenn schon empört dann über jedes Kind in den Aleppos in Syrien und in den Aleppos im Jemen.
Medienkritiker
U. Gellermann (Journalist): Eine ganze Medienfront im teuren Dreiteiler weiß sich kaum zu lassen, vor lauter Friedens-Empörung gegen Russland: Die „armen Menschen in Syrien“, rufen deutsche Hundeseelen aus den sicheren Redaktionsräumen, der „brutale Assad!“ stöhnen sie auf, um ein rituelles „gräßlicher Putin!“ hinterherzuschicken. Das ist jene korrupte Front, die den Krieg im Irak bis zu seinem bittern Ende als irgendwie notwendig charakterisierte und die bis heute die 50.000 Toten im Ergebnis des libyschen Krieges als Kollateralschaden ignoriert und in Syrien nur tapfere Oppositionelle, kühne Rebellen und edle Aktivisten gegen das Assad-Regime erkennen will, während an der Seite der syrischen Regierung im Spiegel deutscher Medien nur Gewohnheitsverbrecher unterwegs sind.
Die „Oppositionellen“ rund um Aleppo und in anderen Gegenden Syriens heißen Al-Nusra-Front, Jabhat Fatah al-Sham, oder Al–Kaida, sogenannte Dschihadisten, deren angeblicher Glaubenskampf im Rauben, Morden und brutaler Unterdrückung besteht. Ein Verbrechergesindel, dem man in deutschen Redaktionen das Blut abwischt, die hassverzerrten Züge überschminkt und deren feige Finanziers nicht Drecksbande heißen dürfen sondern mit König oder Emir betitelt werden. Ihre Komplizen heißen mit bürgerlichem Namen Mister President oder Frau Kanzler und stehen im Ruche der Wohlanständigkeit, während ihr „oppositionelles“ Fußvolk in Syrien den Gestank von Giftgas verbreitet.
A. Müllermilch
Es wird gekämpft. Irgendwer scheint also noch der Meinung zu sein, durch die Fortsetzung des Kampfes irgendetwas erreichen zu können.
Hilfe für die Betroffenen soll unverzichtbar sein. Hilfe ist verzichtbar. Hilfe bedeutet Schrecken ohne Ende statt Ende mit Schrecken. Möge der Stärkere gewinnen und das so schnell wie möglich. Jede Unterstützung für den Schwächeren bedeutet Verlängerung des Schreckens.