: Dramatik im Prater
■ Austria Wien wurde durch ein 2:1 gegen Salzburg zum 20. Mal österreichischer Fußballmeister
Wien (taz) — Schon das Finish in der Bundesliga war nicht schlecht, bekanntlich sprechen manche von der spannendsten Meisterschaft seit langem. Doch in Österreich war die dramatische Zuspitzung noch eine Spur perfekter. Die beiden Titelanwärter, Austria Wien und Austria Salzburg, trafen am letzten Spieltag direkt aufeinander — im größten und schönsten Stadion Österreichs: dem Wiener Stadion im Prater.
Obwohl Wochen- und Regentag, kamen die Zuschauer in Massen, Freund und Feind kaum voneinander zu unterscheiden, die Vereinsfarben beider Clubs sind Violett und Weiß. 40.000 Zuschauer — ein Rekord, so viele waren noch nie zu einem Bundesligaspiel in Österreich gekommen. Im Schnitt finden sich pro Match etwa 7.000 Leute im Stadion ein.
Wien gegen Salzburg, das ist das Duell des jungen Erfolgstrainers und einstigen Ballkünstlers „Schneckerl“ Prohaska mit dem alten Fuchs Otto „Maximal“ Baric, der technisch beschlagensten Mannschaft gegen die mit dem ältesten Kader der Liga. Die Ausgangsposition war klar: Austria Wien mußte gewinnen, Austria Salzburg genügte ein Unentschieden. Es war also an den Wienern, Druck zu machen, und das taten sie auch. So sehr, daß schon in den ersten Minuten dem Ball die Luft ausging und der Schiedsrichter einen neuen ordern mußte.
Doch die Wiener Kicker machten nicht den Fehler, sich der berühmten Brechstange zu bedienen. Vielmehr übten sie so etwas wie eine wohldosierte Offensive aus, die denn auch Erfolg zeitigte. Weitschuß von Teamkapitän Ogris, der Ball springt auf dem regennassen Boden so tückisch vor dem Salzburger Torwart auf, daß dieser, bereits im Hechtsprung begriffen, nur noch das Nachsehen hat. 1:0 in der 21. Minute. Zehn Minuten später: Stöger ist durch, der Salzburger Torwart zieht die Notbremse. Klare Sache, nun kann die Wiener Austria den Sack zuschnüren. Wäre da nicht der Schiedsrichter, der gar nicht daran denkt, so schnell die Spannung aus dem Match zu nehmen. Statt Elfer — gelbe Karte für den Feldspieler.
Die Wiener zeigen Moral. Von einem schwarzen Mann lassen sie sich nicht aus dem Konzept bringen, unverdrossen stürmen sie weiter an. Bester Mann auf dem Platz: Stürmer Valdas Ivanauskas, der an diesem Tag eigentlich ein WM- Qualifikationsspiel mit der litauischen Nationalmannschaft gegen Albanien in Tirana gehabt hätte. Doch die Meisterschaft war ihm wichtiger, prompt verlor Litauen mit 0:1.
Die Endspiel-Dramaturgie wollte es, daß beide Mannschaften noch je einen Treffer erzielten, somit Aufregung bis zum Schlußpfiff. Dann stand Austria Wien als Meister 1992 fest, zum zwanzigsten Mal in der Vereinsgeschichte.
Rapid Wien, der andere Traditionsklub, ist diesmal leer ausgegangen, 5.Platz, weshalb Trainer Hans Krankl (Córdoba!) den Hut nehmen muß. Horst Hrubesch kehrt Innsbruck (3. Platz) den Rücken, ein anderer deutscher Nationalspieler wird aber weiter in der Fremde coachen, nachdem er mit Admira Wacker das morgige Pokalfinale (gegen Austria) erreichte: Sigi Held. Wenzel Müller
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