piwik no script img

Downloads sollen User bringenGoogle plant Gratismusik für China

Bislang konnte Google mit den örtlichen Konkurrenten in China kaum mithalten. Mit kostenlosen, legalen MP3-Downloads will die Suchmaschine das jetzt ändern.

Google will die Konkurrenz mit Musikangebot ausstechen: die chinesische Suchmaschine baidu Bild: screenshot baidu.cn

Der Internet-Konzern Google will den chinesischen Online-Markt mit Hilfe von Gratismusik erobern. Wie das "Wall Street Journal" am Mittwoch berichtete, sei ein Joint-Venture mit dem örtlichen Online-Musikverkäufer "Top100.cn" geplant. Nutzer sollen Songs, die sie über die lokale Suchmaschine von Google finden, dadurch auch im MP3-Format herunterladen können - legal und kostenlos. Geld soll durch Zusatzdienste wie den Verkauf von Konzerttickets in die Kasse kommen. Laut "Wall Street Journal" könnte der Dienst bereits in den nächsten Wochen starten; Google wollte die Nachricht zunächst nicht kommentieren.

Bislang soll laut dem Bericht allerdings unklar sein, ob der angebotene Katalog nur aus Titeln beliebter chinesischer Künstler bestehen wird, oder auch internationale Musiker einschließt. Allerdings würde auch ein so beschränktes Angebot den Markt aufrollen, wie Experten meinen - Chinesen hören viel einheimische Musik. Gespräche soll es aktuell mit drei der vier größten Plattenfirmen der Welt (Universal, Sony BMG, EMI) geben; mit Universal Music soll es laut "Wall Street Journal" bereits zu einer ersten Übereinkunft gekommen sein. Außerdem stünde auch Material "Dutzender kleinerer Labels" zur Verfügung.

Im Gegensatz zu vielen anderen Märkten beherrscht Google das weiterhin boomende chinesische Internet noch immer nicht - hier ist der lokale Anbieter Baidu seit Jahren führend. Bisherige Strategien, aus den Diensten auf "Google.cn" ein Portalangebot zu machen (was in China beliebter ist als "nackte" Suchmaschinen), scheinen nur begrenzt Wirkung zu entfalten. Baidu konnte hingegen laut Angaben des Unternehmenschefs Robin Li zur "größten Website außerhalb der USA" aufsteigen. "Wenn Chinesen das Internet kennenlernen, ist Baidu die erste Seite, von der sie erfahren", sagte er dem "Wall Street Journal". An Kampfansagen gegenüber Baidu mangelt es bei Google dementsprechend nicht. "Wir waren spät im chinesischen Markt, aber wir holen jetzt auf", sagte Konzernchef Eric Schmidt, der sich optimistisch gab, schließlich doch noch zum Marktführer zu werden.

Mit dem geplanten Angebot könnte Google ins Schwarze treffen. Die meisten chinesischen Nutzer gelangen derzeit nämlich recht simpel an (und damit zumeist illegales) Musikmaterial: Über die Eingabe entsprechender Begriffe in Suchmaschinen. Die Lobbyorganisation der Musikindustrie, IFPI, hat deshalb mehrfach rechtliche Maßnahmen gegen unterschiedliche lokale und internationale Internet-Anbieter angestrengt, darunter Googles Hauptkonkurrenten Baidu und Sogou, aber auch den chinesischen Yahoo-Ableger. Bei letzterem sollen noch immer Links zu urheberrechtlich geschützten MP3-Dateien verfügbar sein, obwohl ein Pekinger Gericht ihn im Dezember zur Löschung verurteilt hatte.

Für die IFPI gelten die großen Portalbetreiber somit derzeit als "Antreiber von Piraterie", die ein Fortkommen des chinesischen Online-Musikmarktes verhinderten, der in dem Land ein "großes Potenzial" habe. Allerdings entscheiden die Gerichte keineswegs regelmäßig für die Musikindustrie: So unterlagen im Herbst 2006 sieben Labels in China gegen die Suchmaschine Baidu. Damals hieß es, nur die Verfügbarmachung eines Links auf eine illegale Musikdatei mache einen Portalbetreiber noch nicht haftbar. Diese Thematik ist auch in Europa und den USA immer wieder gerichtlich umstritten.

Die Vermarktungsstrategie von Musik im Netz hat sich über das letzte Jahr massiv verändert - auch weil die Branche mit zunehmend schrumpfenden CD-Verkäufen zurechtkommen muss. Zunächst begannen erste große Labels, Titel kopierschutzfrei im MP3-Format anzubieten, was der Kundschaft eine freie Verwendung auf zahlreichen Abspielgeräten ermöglicht und die Nutzung von Internet-Songs deutlich vereinfacht. Inzwischen bietet etwa "Amazon MP3" in den USA zahlreiche Songs aller großen Musikfirmen ohne das von vielen Nutzern verhasste, so genannte Rechtemanagement an. Aber auch ein Trend hin zu Gratis-Musik ist festzustellen: Last.fm, ein Anbieter von Online-Radio-Diensten, ermöglicht Nutzern seit Januar, einen großen Titelkatalog kostenlos durchzuhören - in guter Qualität, allerdings auf drei Abspielvorgänge beschränkt. Auch hier soll Geld in die Kasse kommen, in dem Werbeeinnahmen geteilt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!