Dortmunds Trainer Jürgen Klopp: Der Überzeugungskünstler

Vor dem Spitzenspiel Bayern – Dortmund: Dortmund-Trainer Jürgen Klopp hat Ähnlichkeiten mit Louis van Gaal. Dabei werden die beiden immer als gegensätzlich dargestellt.

Gegenpole ganz nah: Jürgen Klopp im Gespräch mit Bayern-Trainer Van Gaal. Bild: dpa

Die Sweatjacke "Übungsleiter K" in Schwarz für Erwachsene kostet im Online-Fanshop von Borussia Dortmund 59,95 Euro. Übungsleiter K selbst trägt schwarz-gelbe Übungsjacken mit den Initialen JK. Dass er diese Initialen gern ab Sommer 2008 auf den rot-weißen Trainingsjacken des FC Bayern München sehen würde, war Uli Hoeneß schon im Winter zuvor klar gewesen. Er wollte damals den Fußballübungsleiter Jürgen Klopp von Mainz 05 holen. Eine mündliche Einigung hatte er mit ihm erzielt. Doch die Fraktion um den anderen Großkopferten, Karl-Heinz Rummenigge, drückte JK aus Kalifornien durch. "Dass das ein großer Fehler war, wissen wir nicht erst seit heute", sagte Bayern-Präsident Hoeneß, damals noch Manager, kürzlich im Interview mit der Süddeutschen Zeitung über das "Experiment" Jürgen Klinsmann.

Der Sommermärchen-Motivationskünstler brachte den Bayern Buddhas, wenige Punkte und viel Ärger ein, aber er bewahrte die Münchner immerhin vor der Diskussion, ob Jürgen Klopp auch außerhalb von Mainz Erfolg haben kann. Die Frage stellte sich trotzdem, sie wurde im Fall von Borussia Dortmund allerdings ein bisschen weniger aufgeregt diskutiert.

Nach nun zweieinhalb Jahren Übungsleiter K beim BVB kann sie auch eindeutig beantwortet werden. Yes, he can. Borussia Dortmund schrammte im ersten Klopp-Jahr haarscharf an der Europa League vorbei, im zweiten langte es dann zum internationalen Fußball, und Samstag geht der Verein als souveräner Bundesliga-Tabellenführer in das Spiel bei Bayern München.

Selbst im Fall einer Niederlage wäre ein Verspielen der Meisterschaft so wahrscheinlich wie das Ereignis, dass Uli Hoeneß einen Fehler korrigiert. Jürgen Klopp wird schon als künftiger Trainer des FC Bayern gehandelt, wann immer es auch dazu kommen mag. Klopps Vertrag in Dortmund ist bis 2014 gültig. "Er ist der prädestinierte Bayern-Trainer", sagt Ottmar Hitzfeld, der sowohl die Bayern als auch die Borussen zu Meisterschaften und je einem Triumph in der Champions League führte.

Passt Jürgen Klopp zu den Bayern? Wahrscheinlich wird diese Frage einmal seriös beantwortet werden können. Nach heutigem Stand ist die Antwort: Ja, warum nicht?

Klopp wird ganz gern als Gegenpol zu Bayern-Übungsleiter Louis van Gaal dargestellt. Dabei weisen die beiden Trainer Gemeinsamkeiten auf. Sie verfolgen konsequent ihren Weg, umfahren entgegenkommende Autos nicht, sondern springen darüber hinweg. Im Gegensatz zu seinem Kollegen van Gaal kommuniziert der BVB-Trainer aber viel geschickter, sodass er letztlich nur eine Meinung zählen lässt, nämlich seine.

Klopp ist ein Überzeugungskünstler, ob er mit Spielern, Journalisten, Fans oder Geschäftsführern spricht. Es kann harte und kontroverse Diskussionen mit ihm geben. Nach vorläufiger Würdigung dürfte Übungsleiter K der ideale Gesprächspartner für Uli Hoeneß sein. Wobei die Frage noch zu klären wäre, ob Klopp gern Rotwein trinkt.

Einen Großteil seiner Popularität bezieht Klopp aus einer selten erlebten Fähigkeit, das phrasenverseuchte Fußballerdeutsch zu meiden. Er würde nie sagen, dass letztlich nur Ergebnisse für einen Trainer zählen, obwohl es ja wirklich so ist, und erst recht bei Bayern München. Klopp weist seine Kompetenz dadurch nach, dass die Mannschaft Wochenende für Wochenende einen Plan erkennen lässt, dem sie mit konstant großer Leidenschaft nachgeht. Ins Bairische übersetzt heißt der Plan "Mia san mia". Er wird aber nur auf dem Platz so verkauft. Nach außen hin stellt Übungsleiter K seine Mannschaft gern als höchstens ebenbürtig dar. Mit dieser Masche käme er bei den Bayern wohl nicht wirklich durch.

Ganz nach dem Geschmack der Münchner ist hingegen Klopps Denke, die bei van Gaal "Tod oder Gladiolen" heißt. Klopp wählt immer das Risiko. Ein Unentschieden auswärts wird erst mit dem Schlusspfiff akzeptiert und nicht durch die Einwechslung eines zusätzlichen defensiven Mittelfeldspielers in der 83. Minute. Ein Sieg und eine Niederlage bringen drei Punkte, zwei Unentschieden nur zwei. Fußball ist eben doch auch Mathematik. Davon müsste Klopp im Fall der Fälle noch Karl-Heinz Rummenigge überzeugen. Aber das würde er schaffen.

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