Dortmunds Co-Trainer: Schweigender Stratege
Wenn der Chef gesperrt ist, muss er halt ran: Für ein Spiel rückt Borussia Dortmunds medienscheuer Co-Trainer Zeljko Buvac ins Rampenlicht.
DORTMUND taz | Wie es ist, wenn der Chef nicht an der üblichen Stelle steht, musste Sven Bender in Neapel erleben. Jürgen Klopp war beim Auftakt der neuen Champions-League-Saison nach seinem Ausraster auf die Tribüne geschickt worden, an der Seitenlinie klaffte eine Lücke: „Du bist es ja gewohnt, dass er dort steht, gestikuliert, motiviert und dir kleine Hinweise gibt“, berichtete der Nationalspieler. Diese Unterstützung wird auch beim Heimspiel gegen Olympique Marseille (1.Oktober, 20.45 Uhr, Sky) fehlen, Dortmunds impulsiver Trainer ist für sein Fehlverhalten sanktioniert worden und darf das Spiel nur aus der Entfernung verfolgen.
Für ihn rückt ein Mann ins Rampenlicht, der alles dafür tut, genau dort nicht aufzutauchen: Zeljko Buvac. Es soll tatsächlich schon Journalisten gegeben haben, die aus dem Munde des 52-Jährigen mehrere zusammenhängende Sätze vernommen haben. Aber das ist mehr als zwölf Jahre her.
Damals fungierte Buvac als Cheftrainer des Oberligisten SC Neukirchen, und in dieser Funktion gehörte es zu seinen Aufgaben, der Presse die wichtigsten Gegebenheiten des Tagesgeschäfts zu erläutern. Mit großer Begeisterung ist der Bosnier dem nicht nachgekommen.
Es wird ihm ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert haben, als er im Jahr 2001 von der lästigen Pflicht erlöst wurde. Damals kam der Ruf aus Mainz, seitdem arbeitet Buvac als Co-Trainer von Jürgen Klopp, dem er 2008 nach Dortmund folgte. Zweifellos bietet die Liaison viele Vorteile: So muss der 52-Jährige in der Öffentlichkeit nicht mehr reden. Zeljko Buvac spricht nur das Nötigste. Das ist keine Attitüde, sondern es entspricht seinem Naturell.
Kein einziges Interview
Seit das Erfolgsgespann Klopp/Buvac seine Zelte im Revier aufgeschlagen hat, ist es dem zweiten Mann tatsächlich gelungen, noch kein einziges Interview zu geben. Buvac hält sich am liebsten im Hintergrund, was ihm meist gelingt, obwohl das bei einer Größe von 1,92 Metern und der dunklen Mähne gar nicht so leicht ist.
Die Symbiose zwischen Klopp und seinem Assistenten auf dem Trainingsplatz erscheint geradezu ideal: Auf der einen Seite der Selbstdarsteller, der sich im Scheinwerferlicht eloquent und charmant zu bewegen weiß, auf der anderen Seite der Macher, dem sie aufgrund seines Fußballsachverstands den Beinamen „Das Gehirn“ gegeben haben. Bei den Dortmunder Profis gilt der Bosnier als Koryphäe. „Was er sagt“, betont Nuri Sahin, „ist Gesetz.“
Klopp und Buvac kennen sich seit ihren gemeinsamen Tagen als Profis bei Mainz 05. Der eine war ein nimmermüder Rackerer, der vom Stürmer zum Verteidiger umfunktioniert wurde, der andere zog im Mittelfeld die Fäden. Es entstand eine Freundschaft, die auch dann noch Bestand hatte, als sich die Wege zwischenzeitlich trennten.
Als Klopp in Mainz vom Spielfeld weg zum Cheftrainer befördert wurde, erinnerte er sich an den gemeinsamen Treueschwur und löste ihn ein: Wann immer einer von beiden als Trainer im Profifußball Fuß fassen sollte, würde er den anderen an seine Seite holen. Gesagt, getan: Buvac gesellte sich zu Klopp und wurde dessen Assistent. Keine Selbstverständlichkeit, schließlich war der Ältere nicht nur Lizenzgeber für den Novizen Klopp, der ohne Trainerschein agierte, sondern konnte zudem auf eine dreijährige Berufserfahrung verweisen.
Ansprüche hat Buvac daraus nie abgeleitet. Vom ersten Tag an wusste er die Rollenverteilung zu schätzen: Der Schattenmann hat überhaupt keine Probleme damit, wenn der Chef auf der Bühne steht. Er weiß, dass seine Stärken in dieser Konstellation am besten zur Geltung kommen.
Grob vereinfacht kann man das Dortmunder Tandem so beschreiben: Klopp ist der Meister der Ansprache und der Mannschaftsführung, Buvac der Meister der Trainingsinhalte und der Strategie. Im Zusammenspiel mit seinem zweiten Mann optimiert Klopp seine Fähigkeiten. Gegen Marseille wird es jedoch anders sein: Da ist Buvac als Aushilfschef gefordert.
Auch in dieser ungewohnten Konstellation bleibt sich der Schweiger treu. Als er nach dem Heimsieg am Samstag gegen Mainz gebeten wurde, etwas zur ungewohnten Konstellation zu sagen, vertröstete Buvac die Journalisten und zog von dannen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana