Dortmund siegt im DFB-Pokalfinale: Ganz große Harmonie
Borussia Dortmund gewinnt das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt. Das ist womöglich ein geglücktes Abschiedsgeschenk von Trainer Tuchel.
Mit diesem brüsken jahreszeitlichen Sprung wollte er wohl auch zeigen, wie harmonisch es um die Beziehung zwischen Team und Trainer bestellt ist. Tuchel ist daran auch wegen einiger in Umlauf gebrachten Gerüchte sehr viel gelegen. Das gegen Frankfurt gewonnene Endspiel war aus Tuchels Sicht der finale Beweis dafür, wie gut das Klima zwischen ihm und den Dortmunder Profis ist. „Wir haben eine ganz besondere Saison noch einmal gekrönt. Das ist nur möglich, wenn die Mannschaft dem Trainer vertraut und umgekehrt.“ Tatsächlich war es kurios, wie der frisch gekürte Pokalsiegertrainer auch kurz nach dem großen Erfolg um sein Ansehen und seine Zukunft in Dortmund kämpfte. Für ihn ist klar: Er will dort weiter arbeiten.
In dieser Woche wird zeigen, ob die Kluft, die zwischen ihm und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nach dem Mordanschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus entstanden ist, noch zu überbrücken ist. Große Erwartungen an die Gespräche im Verein, so Tuchel, habe er nicht. „Mindestens ergebnisoffen“, so schätzt er die Verhandlungen um seine Chancen auf Weiterbeschäftigung ein. Da klingt schon Abschied durch.
Vielleicht hat es Tuchel zuletzt mit seinen rosaroten Zustandsbeschreibungen ein wenig übertrieben. Am Samstag jedenfalls hatte Kapitän Marcel Schmelzer keine Lust mehr, sich in Zurückhaltung zu üben. Als einer der letzten Dortmunder Profis verließ er um Mitternacht das Stadion. Und er äußerte sich erstaunlich offensiv zu der Personalentscheidung seines Trainers, Nuri Sahin für das Finale aus dem Kader zu streichen: „Mich hat das sehr geschockt, weil ich es einfach nicht verstehe.“ Sahin habe bereits bewiesen, dass er bestens den im defensiven Mittelfeld ausgefallenen Julian Weigl ersetzen könne. Tuchel hatte seine Maßnahme mit der Kopfballstärke der Frankfurter und ihrer Vorliebe für lange Bälle begründet. Dass er Sahin nicht einmal einen Platz auf der Bank reservierte, zeugt aber durchaus von seiner Kompromisslosigkeit.
Tuchel traf die richtige taktische Entscheidung
Nun könnte man nach drei missglückten Finalteilnahmen in Serie diesen Pokalsieg als geglücktes Abschiedsgeschenk Tuchels betrachten. Nachdem sich die Dortmunder nach einer hervorragenden Anfangsviertelstunde und dem Führungstor von Ousmane Dembélé aus unerfindlichen Gründen das Spiel von den Frankfurtern aus der Hand nehmen ließen und in der Halbzeitpause Schmelzer und Marco Reus verletzt ausgetauscht wurden, traf Tuchel die notwendigen richtigen personellen und taktischen Entscheidungen.
Matthias Ginter etwa, der im defensiven Mittelfeld wenig überzeugen konnte, wurde in die Abwehr versetzt. Und auch andere Disbalancen im Abwehrverhalten, die Eintracht Frankfurt in der ersten Hälfte den Ausgleich durch Ante Rebic als auch einen Pfostenschuss durch Haris Seferovic ermöglicht hatten, konnten beseitigt werden.
Die Dortmunder kontrollierten die Partie immer besser. Und doch hätte das Elfmetertor von Pierre-Emerick Aubameyang beinahe nicht zum Sieg gereicht. Sokratis hätte in der 89. Minute beinahe zum Eigentor getroffen. Selbst Tuchel sagte: „Ich dachte, der wäre drin.“ Dieses Auf und Ab, diese Mischung aus genialen Momenten und tölpelhaften Fahrlässigkeiten, diese Fähigkeit, sich jederzeit wieder selbst um den Erfolg bringen zu können, spiegelte komprimiert noch einmal den Verlauf der ganzen Saison dieser entwicklungsfähigen Mannschaft wieder. Der Pokalsieg könnte also ein schönes und versöhnliches Abschiedsgeschenk von Thomas Tuchel sein, aber es wird immer der Eindruck bleiben, dass er in großer Eile am Ende nicht ganz fertig geworden ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen