Dortmund dominiert Schalke: Appetit auf Destruktion

Die Borussia wird erwachsen. Der Meister hat sich vom Hurrastil der vergangenen Spielzeit verabschiedet und glänzt mit nüchterner Dominanz.

Titelverteidiger in Feierlaune: Nach dem Sieg gegen Schalke wollten die Dortmunder Spieler nah bei ihren Fans sein. Bild: dapd

DORTMUND taz | In den Ohren sachkundiger Revierderbybesucher, die sich nicht mit der jüngeren Geschichte von Borussia Dortmund auskennen, müssen die Worte von Jürgen Klopp seltsam geklungen haben. "Ich bin begeistert", lautete die zentrale Aussage des Dortmunder Trainers zur Leistung seiner Mannschaft, die zwar gut war, begeisternden Fußball hatten die 80.000 Leute in der Arena aber sicher nicht zu sehen bekommen.

Es war ein holpriges Spiel, mit "Phasen, in denen wir fußballerisch Probleme hatten", räumte Mats Hummels ein, und von den Schalkern erreichten allenfalls "drei, vier Leute ihr normales Niveau", wie Trainer Huub Stevens konstatierte. Und dennoch war Klopps Begeisterung nicht unangebracht.

Jenseits aller Euphorie über den Derbysieg wird immer deutlicher erkennbar, wie Borussia Dortmund sich entwickelt. Die Mannschaft reift, der Euphoriefußball der Meistersaison ließ sich nicht konservieren, das wissen sie in Dortmund natürlich schon lange, und die erforderliche Umstellung auf einen haltbareren Stil hat der Mannschaft dann ein paar Probleme bereitet.

Der nüchtern erspielte Sieg in München aus der Vorwoche war ein erster ganz großer Moment des BVB auf dem Weg ins Erwachsenenleben, und der Erfolg gegen Schalke bestätigte die Entwicklung. "In der Bundesliga sind wir langsam alte Hasen", sagte Hummels, "wir sind Sechster geworden, dann Fünfter, dann Meister", beschrieb er den Prozess. Nur in der Champions League fehle diese Reife noch.

Aber der BVB ist nach zuletzt sieben Siegen aus acht Bundesligaspielen auf dem besten Weg, sich auch für die kommende Königsklassensaison zu qualifizieren. Am Samstag war der Meister wieder an der Tabellenspitze angelangt, mit weniger Leichtigkeit, dafür mit mehr Ruhe und Beherrschtheit.

Es war kein Zufall, dass Klopp nach den anerkennenden Worten über seine Mannschaft eine erstaunliche Lobeshymne auf seine Assistenten dichtete. "Öffentlich lobe ich meine Co-Trainer viel zu selten", sagte der Meistertrainer, "dass ich mit Zeljko Buvac eine Granate neben mir habe, ist das eine, aber was Peter Krawietz in den letzten Wochen in der Vorbereitung auf die Gegner abliefert, ist einfach herausragend".

Destruktion hatte Priorität

Die Mannschaft war in der Bundesliga zuletzt taktisch perfekt eingestellt worden, "wir haben Schalke überhaupt nicht zur Entfaltung kommen lassen", hob Klopp hervor, ähnlich hat der BVB beim FC Bayern gewonnen. Diese Grundhaltung gilt Fußballidealisten zwar als verpönt, aber auch das sei "ein ganz wichtiger Aspekt im Fußball".

Destruktion hatte Priorität, kein Wunder also, dass die Treffer von Robert Lewandowski (16.) und Felipe Santana (61.) nicht herauskombiniert wurden, sondern im Anschluss an hohe Bälle in den Strafraum fielen. Schalke hatte sogar mehr Ballbesitz (51 Prozent) war aber ganz und gar "chancenlos", wie Horst Heldt konstatierte.

Der Manager aus Gelsenkirchen wirkte regelrecht betroffen, "je länger ich darüber nachdenke, desto wütender werde ich", schimpfte er. "In einem Derby erwarte ich ein ganz anderes Auftreten, man kann verlieren, aber danach muss man in den Spiegel schauen und sagen können: Ich habe alles gegeben." Das Schalker Spiel wirkte gelähmt.

"Eine erwachsene Mannschaft gegen eine Schülermannschaft"

Am Ende gab es nur einen Schalker, der sich freute: Torhüter Lars Unnerstall spielte sein erstes Derby. "Je mehr Fans gegen einen sind, desto geiler ist das", sagte der 19-Jährige, dem einige brillante Aktionen gelangen, der aber Schwächen im Spiel mit dem Fuß hat.

Für Stevens war die Torhüterleistung nur ein schwacher Trost: "Ich habe manchmal eine erwachsene Mannschaft gegen eine Schülermannschaft gesehen, das kann nicht, das darf nicht." Dass der verletzte Jefferson Farfan nicht zu ersetzen ist, wollten die Schalker aber nicht glauben. "Es gibt hier genug andere, die den Anspruch haben, in der ersten Mannschaft zu spielen", meinte Heldt, doch Farfan-Ersatz Alexander Baumjohann blieb blass.

Und ohne Leute, die Bälle von außen in den Strafraum befördern, ist auch Klaas-Jan Huntelaar nur ein Schatten seiner selbst. Aber die Dortmunder haben an diesem Tag eben ganz genau gewusst, wie sie die Schalker Stärken entkräften können.

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