piwik no script img

Dornier Bremen: Militärausbildung für Nigeria

■ Firma kaum bekannt / Logostik für Marine und Luftwaffe / Ziviles Projekt gescheitert / taz-Rüstungsserie Teil II

Bitte Taube und PANZER

Wer sich die Mühe macht und in Bremen nach der zu Daimler Benz gehörenden Rüstungsfirma Dornier fragt, erntet sogar bei denen, die es eigentlich wissen müßten, Kopfschütteln: Natürlich kennen die KollegInnen aus anderen Bremer Rüstungsfirmen Dornier in Oberpfaffenhofen bei München und im schwäbischen Friedrichshafen, von einer Bremer Vertretung der Firma in Bremen aber haben sie noch nie etwas gehört. „Das wüßte ich doch, wenn es das hier gäbe“, sagt ein Kollege aus dem Schiffbau abwinkend. Etwas vorsichtiger äußert sich der Pressesprecher Bühler in Friedrichshafen: Er habe bisher noch nichts über Dornier in Bremen gehört, er wolle sich aber erkundigen. Später konnte er bestätigen,„daß wir da oben in Bremen ein paar Leute haben“, auf präzise Fragen aber, was denn da gemacht würde, konnte er nicht antworten. Dabei ist Dornier in Bremen zu Unrecht unbekannt. Immerhin ist das Büro in Bremen- Nord für die Ausbildung und Logistik des nigerianischen Militärs verantwortlich. Der Geschäftsführerin Schröder liegt daran, das Ganze herunterzuspielen. Dornier in Bremen sei nur ein „unbedeutendes Planungsbüro“, sagt sie.„Von dort aus übernehmen wir die technische Grundausstattung für die Nigerianer.“ Die würden dann an „Lernmaschi-

nen“ geschult. Die Bremer Dornier-Chefin bringt ein Beispiel. Ein Computer werde nach Lagos, der Hauptstadt Nigerias, geliefert. Ein Ausbilder von Dornier ist vor Ort vorhanden. Auf dem Computerbildschirm erscheine dann eine Schraube und einem von einer Hand umfassten Schraubenschlüssel sowie dem Vermerk „turn right“. Jetzt wisse der Auszubildende, daß er den Schlüssel rechts herumdrehen musse.

Dornier Bremen in Nigeria

In jedem Märchen steckt ein wahrer Kern. Es geht zwar Dornier bei dem westafrikanischen Land um „technische Grundausbildungen an Lernmaschinen“. Wie die Schrauben gedreht werden, wissen die Nigerianer allerdings schon. Das, was sie in Wirklichkeit lernen sollen,ist schon etwas komplizierter. Dornier Bremen operiert an der Nahtstelle zwischen dem Export von Rüstung und deren Einsatz in Nigeria. Das Bremer Büro ist zuständig für die Qualifizierung von militärischem Bedienungs-und Wartungspersonal. Es ist verantwortlich für die Schulung des Personals in der militärischen Logistik. Die Logistik umfasst die Ersatzteilversorgung für militärische Systeme ebenso wie Fragen des Nachschubs für militärische Einsätze. Darüber hinaus arbeitet Bremen für Nigerias Militär Dokumentationen aus: Dieser Bereich umfasst die Betriebsanleitungen und Anwendungen von Waffensystemen. Ohne Dokumentationen sind Waffensysteme nicht einsetzbar.

Luftwaffe und Marine

Die Qualifizierung des Personals spielt eine wichtige Rolle in Nigeria. In Kaduna im Norden des Landes hält Dornier 60% Anteile an der Firma AIEP. wem die verbleibenden 40% gehören, will von der Firma niemand sagen. In der AIEP werden die 43 in der nigerianischen Luftwaffe eingesetzten Dornier-Militärflugzeuge sowie die 22 Dornier-Kampfjäger vom Typ Alpha Jet gewartet und repariert. Dornier Bremen koordiniert die technische Ausbildung für das Personal und kümmert sich um die Schulungsausrüstungen und Laboreinrichtungen. „Das ist schon militärisch“, räumt Frau Schröder ein, aber das alles sei ja „nur für die Ausbildung“. Doch nicht nur für die Luftwaffe spielt Dornier eine Rolle. 1989 lieferte die Firma eine Trainingsanlage für Unterwasserkriegsführung. Folgt man der angesehenen Militäzeitschrift Janes Defence Weekly, werden in Lagos in drei bereichen nigerianische Militärs ausgebildet: Im Anti-Minenkampf, in der U-Boot- und Torpedobekämpfung sowie im Kampftauchen. Dornier lieferte hierfür nicht nur die hard ware. Unerläßlich für das Marineprojekt ist ein umfangreiches Trainings-und Ausbildungspaket, das Dornier mitliefert. Daran ist Dornier in Bremen wiederum beteiligt, mehr darüber will weder Frau Schröder noch die Pressestelle in Süddeutschland sagen. Doch sie wird nicht klein sein, diese Beteiligung: Schon 1988 stand nach Auskunft eines Mitarbeiters einer Partnerfirma von Dornier eine Trainingsanlage für das Projekt in den Räumen der Bremer. Die Anlage sollte dort überprüft werden.

Auch Ziviles

„Wir machen aber auch zivile Sachen“, sagt Frau Schröder. Im Yaba College in Lagos sollte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Betriebstechnik BIBA an der Bremer Uni 1988 eine Fakultät für Schiffstechnik aufgebaut werden. Der Geschäftsführer Dorniers in Lagos war eigens zu Sondierungsgesprächen nach Bremen gereist. Dornier wollte die technische Ausrüstung liefern. Aber aus diesem Projekt wurde nichts. Dornier hatte sich auch eine Finanzierung aus Entwicklungshilfegeldern erhofft. Die aber blieb aus. Zur Zeit arbeitet Dornier Bremen an der technischen Ausstattung des neuen Güterverkehrszentrums mit. In Nigeria arbeiten die Bremer zur Zeit am Ovo Polytechnikum an dem Aufbau einer elektrotechnischen Forschungsabteilung. Um was es da genau geht, will Frau Schröder jedoch nicht sagen.„Das ist aber alles zivil“ sagt sie. Wer allerdings die militärische Tätigkeit von Dornier Bremen in Nigeria sieht, kann dieser Aussage nicht leicht Glauben schenken. Rainer Kahrs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen