Dorf wehrt sich gegen die NPD

■ NPD-Parteiblatt „Deutsche Stimme“ wollte nach Oberbayern umziehen. Gemeinderat meldet „sicherheitsrelevante Bedenken“ an

Nürnberg (taz) – Die rechtsextreme NPD ist im oberbayerischen Sinning nicht willkommen. Seine anfängliche Zustimmung zum Umzug der Redaktion des NPD- Parteiorgans Deutsche Stimme (DS) in das 400 Einwohner zählende Dorf im Kreis Neuburg an der Donau zog der Gemeinderat jetzt wegen „sicherheitsrelevanter Bedenken“ zurück. Die NPD will den Umzug gerichtlich erzwingen.

Die DS erscheint monatlich in einer Auflage von etwa 45.000 Exemplaren, die Redaktion residierte bislang in der Parteizentrale in Stuttgart. Aus „Platzmangel“ wollte die NPD, die vor allem in den neuen Bundesländern und dort insbesondere in Sachsen einen beachtlichen Mitgliederzuwachs erlebt, Redaktion und Anzeigenabteilung des Blattes auslagern. Der Sinninger Anton Pfahler bot Büroräume an und beantragte beim Gemeinderat eine Nutzungsänderung seines Gebäudes. Kurz vor Weihnachten stimmte der Gemeinderat dem mit einer Stimme Mehrheit zu. Im Dorfgebiet sei ein „nicht störendes Gewerbe“ prinzipiell zulässig, argumentierte SPD- Bürgermeister Xaver Schiele und sah keine Handhabe, dagegen vorzugehen. Zudem führe „Herr Pfahler ein völlig unauffälliges Dasein“.

Aufgefallen ist Pfahler hingegen schon mehrfach. Als aktives Mitglied der Wehrsportgruppe (WSG) Hoffmann nahm er nicht nur an den paramilitärischen Übungen der Nürnbergers Karl- Heinz Hoffmann teil, sondern gründete in Neuburg an der Donau gleich eine eigene WSG. Nach deren Verbot 1980 beteiligte er sich an Hoffmanns schwunghaftem Autohandel mit dem Libanon. Als Hoffmann sich vor dem Nürnberger Schwurgericht wegen des Verdachts des Doppelmordes verantworten mußte, trat Pfahler als Zeuge auf.

Immer wieder kam es in der Folge im Landkreis Neuburg zu rechtsextremen Aktivitäten von diversen Kameradschaften und der 1991 verbotenen „Nationalistischen Front“. Mit dem Umzug des Parteiorgans befürchtete der für Sinning zuständige Landrat Richard Keßler eine „Konzentration von rechten Kräften in diesem kleinen Dorf“. Dies könne man nicht akzeptieren. „Es muß mal jemand sagen, so geht's nicht“, betonte der CSU-Politiker und verwies auf die Gemeindeordnung. Demnach müsse für eine Nutzungsänderung der Gemeinderat sein Einvernehmen und dann das Landratsamt die Genehmigung erteilen.

Mit der Rückendeckung durch das Landratsamt legte Bürgermeister Schiele Pfahlers Antrag auf Nutzungsänderung erneut dem Gemeinderat vor. „Wenn in Stuttgart fünf Personen demonstrieren, dann fällt das nicht auf.“ Im kleinen Sinning aber stehe „das ganze Dorf kopf“. Einstimmig votierten die Gemeinderäte nun gegen die NPD-Redaktion. „Wir bleiben hier“, kündigten NPD-Vertreter nach der Gemeinderatssitzung an. Die Partei will nun gegen den Gemeinderatsbeschluß vor Gericht ziehen.

Bernd Siegler