piwik no script img

Doppelmoral ist offensichtlich –betr.: Krieg in Jugoslawien

Es ist schwer zu beurteilen, ob es Alternativen gegeben hätte. Jedenfalls gab und gibt es Möglichkeiten humanitärer Hilfe, die aber bisher versäumt wurden.

[...] Der Oberkommandierende der Nato-Streitkräfte erklärte im Sender NTV am 1. 4. 99, man habe bereits seit einem halben Jahr von den jetzt durchgeführten Plänen des Milosevic-Regimes gewußt. Dies muß also auch der Bundesregierung bekannt gewesen sein. Dennoch haben in Kenntnis dieser Pläne die Innenminister noch bis vor wenigen Wochen in den Kosovo abgeschoben und die Flüchtlinge also in Tod und Verfolgung geschickt. [...]

Der Präsident des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat vor wenigen Tagen die Weisung gegeben, laufende Asylverfahren derzeit nicht zu entscheiden. Dadurch wird verhindert, daß die Flüchtlinge, die sich bereits in Deutschland befinden, einen ihrer Situation im Heimatland (Scharping: Völkermord) entsprechenden Status erhalten. Statt dessen werden sie weiter in der Ungewißheit gelassen und als Asylsuchende mit niedrigeren Unterstützungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt. Hauptsache, wir sparen Geld und verpflichten uns den Flüchtlingen gegenüber zu nichts!

Diese Einstellung kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß die Innenminister Schily und Beckstein die nach Kriegsbeginn in Deutschland erwarteten Flüchtlinge als „Lasten“ bezeichneten.

Die doppelte Moral ist offfensichtlich: Zum Schutz der Flüchtlinge ist angeblich ein Krieg notwendig – wenn sie aber nach Deutschland zu kommen drohen, werden sie von den verantwortlichen Politikern nicht mehr als Menschen gesehen, sondern als „Lasten“ bezeichnet, statt für ihre Aufnahme in Deutschland Verständnis zu wecken.

[...] Aus diesen Beispielen doppelter Moral wird deutlich, daß alles getan wird, die Flüchtlinge von Deutschland fernzuhalten. Humanität üben wir nur an Flüchtlingen, die draußen bleiben. Gleichzeitig schieben wir in andere Verfolgerländer, wie in die Türkei, weiterhin ab. Humanität ist nicht teilbar, nicht örtlich oder zeitlich beschränkbar. Ekkehard Hausin, Rechtsanwalt, Oldenburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen