Doping bei Contador: Von wegen Fleisch
Alberto Contador muss Pause machen – zwei Jahre lang. Der Internationale Sportgerichtshof sperrt den Radsportler wegen Dopings. Auch der Toursieg 2010 ist weg.
MADRIF taz | Das hatte kaum jemand erwartet. Contador nicht - dessen Lager sich nach Informationen spanischer Medien mit "sechs bis neun Monaten Sperre zufrieden gegeben" hätten. Auch auf Seiten der Dopingjäger waren die Zweifel nach dem Schock durch die Einstellung des Verfahrens gegen Lance Armstrong groß.
Doch 36 Stunden, nachdem die Bundesstaatsanwaltschaft die Grand Jury gegen Armstrong beerdigte, gab der Internationale Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne eine Zwei-Jahressperre gegen Alberto Contador bekannt. Damit folgte das Gericht dem Ansinnen der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada und des Internationalen Radsportverbands UCI.
Contador wurde auch der Toursieg 2010 sowie alle nach dem 25. Januar 2011 errungenen Erfolge - darunter der Gesamtsieg beim Giro d'Italia 2011 - aberkannt. Zuletzt hatte der Spanier beim wichtigsten Rennen in Südamerika, der Tour de San Luis in Argentinien, zwei Bergetappen gewonnen und damit seinen unerschütterlichen Glauben an einen Freispruch unterstrichen.
Es soll ein Steak gewesen sein
Aber Contador verlor die juristische Schlacht. Er konnte das Gericht nicht davon überzeugen, dass die Menge von 50 Picogramm Clenbuterol, die bei einer Dopingprobe am zweiten Ruhetag der Tour de France 2010 festgestellt wurden, zweifelsfrei durch ein in Spanien gekauftes Steak in seinen Körper gelangt waren. Das hatte Contador stets behauptet. Doch der Sportsgerichtshof Cas konnte das fragliche Stück Fleisch bis zum Stall des Bauern Lucio Carabias zurückverfolgen. "Die Tiere waren Lebendkontrollen und Postmortem-Kontrollen ausgesetzt. Es wurden keine Verdachtsmomente gefunden", heißt es in der Urteilsbegründung des internationalen Schiedsgerichts.
Die Sperre ist daher folgerichtig. Clenbuterol ist eine verbotene Substanz. Sie kann nur durch künstliche Zufuhr in den Körper gelangen. Daher gibt es keine Grenzwerte. Sportler wie der deutsche Tischtennisprofi Dmitri Ovtscharov, denen es gelang, Clenbuterolspuren auf kontaminierte Nahrungsmittel zurückzuführen, wurden von einer Sperre befreit. Sportler, denen dies nicht glückte - wie etwa dem chinesischen Radprofi Li Fuyu - wurden gesperrt.
Das Cas-Urteil gegen Contador sorgt für eine Gleichbehandlung. Das wurde auch Zeit. Denn im Verlaufe des gesamten Verfahrens kam häufiger der Verdacht auf, Contador werde mit Samthandschuhen angefasst. So wurde die positive Probe vom Juli 2010 lange verheimlicht. Als die UCI auf Drängen der ARD doch die Öffentlichkeit informierte, spielte sie den Fall umgehend herunter. "Die Konzentration ist für eine Leistungsbeeinflussung viel zu gering", meinte UCI-Prasident Pat McQuaid seinerzeit.
Einmischung der Politik
In Spanien nahm sogar der damalige Regierungschef José Luis Zapatero Einfluss auf das Verfahren. Nachdem der heimische Radsportverband RFEC Contador am 25. Januar 2011 für ein Jahr gesperrt hatte, meldete er sich mit dem Kommentar "es gibt keinen juristischen Grund für eine Verurteilung" zu Wort. Einen Monat später wurde Contador im Berufungsverfahren in Spanien freigesprochen.
Daraufhin rief die Wada und die UCI den Cas an. Dessen Verfahren wurde mehrfach verschoben. Der Blutdopingexperte Michael Ashenden - ein wichtige Belastungszeuge der Wada - wurde nur unzureichend gehört. Er hielt die Blutpassparameter des Spaniers während der Tour de France für verdächtig. Die Werte für rote Blutkörperchen lagen höher als in wettkampffreien Zeiten. Das ist nicht nur ungewöhnlich. Es verschafft Contador auch einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern. Zeit räumte das Gericht eher dem juristisch wie wissenschaftlich umstrittenen Lügendetektortest von Alberto Contador ein.
Am Ende gaben aber weder Blutwerte, vermeintliche Wahrheitsbeweise noch die festgestellt Kunststoffkonzentration in Contadors Blut (ebenfalls ein potentieller Hinweis auf Blutdoping) den Ausschlag. Contador wurde verurteilt, weil er das Dopingmittel Clenbuterol im Körper hatte und nicht beweisen konnte, dass es ohne sein bewusstes Zutun in seinen Körper gelangt ist.
Olympischen Spiele und Tour de France ohne Contador
Nun ist ist der Spanier - unter Anrechnung einer zwischenzeitlichen Wettkampfpause von fast 5 Monaten - ab 25.1.2011 für zwei Jahre gesperrt. Ab 6. August darf er wieder Rennen bestreiten. Das bedeutet, dass die Tour de France ebenso wie die Olympischen Spiele ohne Contador stattfinden werden.
Für UCI-Boss McQuaid ist das Urteil gegen Contador alles andere als ein Grund zum Feiern. Er ist zwar froh, dass das lange Verfahren endlich zum Abschlus gekommen ist, sprach aber dennoch von einem "traurigen Tag für unseren Sport". Regelrecht entsetzt reagierte der Präsident des spanischen Verbandes Juan Carlos Castaño. "Wir hatten auf eine positive Entscheidung gehofft", meinte er. Contador wird es nicht anders gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“