"Dont ask - dont tell"-Regel in der US-Armee: Diskriminierung weggeurteilt
Eine Bundesrichterin in Kalifornien hat die seit 1993 geltende Regel, nach der schwule und lesbische SoldatInnen sich nicht outen dürfen, mit sofortiger Wirkung verboten.
BERLIN taz | Eine kalifornische Bundesrichterin hat am Dienstag geurteilt, dass die "Dont ask - dont tell"-Regelung, nach der schwule und lesbische US-SoldatInnen suspendiert werden können, wenn sie ihre sexuelle Orientierung offen zeigen, ab sofort nicht mehr angewandt werden darf.
Damit geht Richterin Virginia A. Phillips noch weiter als im September. Da hatte sie die Regelung bereits für verfassungswidrig erklärt, weil sie die freie Meinungsäußerung und die Vereinigungsfreiheit von Schwulen und Lesben einschränke.
Die Obama-Regierung will das Gesetz ohnehin kippen - dennoch hat das Justizministerium unmittelbar nach dem Urteilsspruch angekündigt, die Möglichkeit einer Berufung zu prüfen. Das aber liegt einfach daran, dass das Ministerium grundsätzlich gehalten ist, Gesetze vor Gericht zu verteidigen, die der Kongress so beschlossen hat.
Im Kongress ist die beabsichtigte Abschaffung der 17 Jahre alten Gesetze bislang gescheitert. Zwar hat das Repräsentantenhaus die Abschaffung längst beschlossen, im Senat jedoch wurde eine Abstimmung ein ums andere Mal vertagt. Nach derzeitigem Stand soll erst nach den Wahlen vom 2. November darüber abgestimmt werden. Die meisten der konservativen Republikaner lehnen eine Neuregelung ab.
"Dont ask - dont tell" war 1993 unter Präsident Bill Clinton eingeführt worden - als Kompromiss zwischen dem vorherigen völligen Verbot von Homosexualität bei SoldatInnen und offener Freigabe. Seither werden SoldatInnen zwar nicht mehr nach ihrer sexuellen Orientierung befragt, dürfen sich aber weder offen zu ihrer Homosexualität bekennen noch gar homosexuellen Sex mit anderen Militärangehörigen haben.
Die Kläger im aktuellen Fall, die Schwulenorganisation Log Cabin Republicans, begrüßte das Urteil. "Diese Entscheidung ist auch ein Sieg für alle, die eine starke nationale Verteidigung unterstützen", sagte Geschäftsführer Christian Berle der New York Times: "Unser Militär wird nicht mehr gezwungen sein, Militärangehörige mit wertvollen Fähigkeiten und Erfahrungen zu entlassen, nur weil eine archaische Politik irrationale Diskriminierung vorschreibt."
Die Umsetzung des Gerichtsurteils blieb zunächst unklar. Nach Angaben von schwullesbischen Organisationen sind seit Einführung des Gesetzes 14.000 Männer und Frauen wegen ihrer sexuellen Orientierung aus der Armee entlassen worden; etliche entsprechende Verfahren laufen auch jetzt. Sie müssten alle augenblicklich gestoppt werden.
Die Republikaner, die sich einer Neuregelung verweigern, stehen damit relativ allein: Umfragen zufolge lehnen rund 70 Prozent der US-AmerikanerInnen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben im Militär ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!