■ Dokumentation: Die Frage heißt, ob mit der SPD grüne Politik zu machen ist
Die Debatte ist notwendig und sollte intensiv geführt werden. Bei dieser Diskussion geht es jedoch um mehr als nur um die PDS.
Zur Wörlitzer Erklärung
Die Wörlitzer Erklärung war ein politisches Armutszeichen. Konkrete Politik in den Ländern läßt sich nicht an den aufgelisteten Kriterien messen, sondern definiert sich aus dem jeweils Machbaren. Und was machbar ist, liegt in der Entscheidung der politischen AkteurInnen. Der Appell der Bundestagsfraktion wird daran nichts ändern[...]
Zum Birthler-Papier
Das Birthler-Papier verfällt mit dem Tonfall des Antikommunismus der fünfziger Jahre in eine polemische Auseinandersetzung mit der PDS, die schlicht Tatsachen verdreht. Es ist peinlich, wenn Bündnisgrüne heute Lummers Argumente gegen die AL in der Auseinandersetzung mit der PDS verwenden. Nutzen wir die Programmatik der PDS als Ansatz für eine inhaltliche Auseinandersetzung. Langfristig wird es auch in der PDS einen Ausdifferenzierungsprozeß geben. Natürlich ist die PDS widersprüchlich, aber genau damit müssen wir uns auseinandersetzen. Absurd erscheint die beschriebene Angst vor der PDS als Teil einer kommunistischen Weltverschwörung. [...]
Worum geht es?
Die katastrophale politische Situation als Folge Kohlscher Politik ist gekennzeichnet durch steigende Arbeitslosenzahlen, massiven Sozialabbau, Remilitarisierung der Gesellschaft, Abbau von Umweltstandards auf der einen Seite und Deregulierung zugunsten des Kapitals auf der anderen Seite. Daraus ergeben sich gerade auch für Bündnis 90/Die Grünen enormer Handlungsdruck und die Frage nach Alternativen.
Vor der Frage nach Regierungsverantwortung muß eine Analyse der realen politischen Verhältnisse stehen, um daraus eine Zielbestimmung vornehmen zu können. Es ist doch fernab von jeder Realität und politischer Glaubwürdigkeit, nur zu schreien, wir wollen die Macht (dabei geht es nur um die Regierung), und zu diskutieren, mit wem, aber auszusparen, wofür? [...]
Die Große Koalition mobilisiert Kapital aus dem öffentlichen Vermögen. [...] Es ist u.E. falsch, sich dieser Strategie nur mit besseren „Sparkonzepten“ entgegenzustellen, anstatt sie immer wieder als das zu entlarven, was sie auch ist: der Anfang vom „Ende des Sozialstaates“ BRD.
Was heißt das für Berlin?
Mit jedem verabschiedeten Haushalt und jedem weiteren unsinnigen Bau- und Verkehrsprojekt reduzieren sich die Chancen für eine alternative Politik. Bündnis 90/Die Grünen müssen sich die Frage stellen, ob dieser Spielraum für unsere politischen Ziele ausreicht. Aus der tagtäglichen Erfahrung mit der Politik der Koalition stellt sich auch die Frage, ob mit dieser SPD als „natürlichem“ Koalitionspartner überhaupt Politik in unserem Sinne zu machen ist. Warum fordert niemand die SPD auf, sich auf ihre sozialdemokratische Tradition zu besinnen? [...]
Die Frage nach Regierungsbeteiligung von Bündnis 90/Die Grünen muß als erstes die Frage nach den Perspektiven stellen, die eine solche Politik für uns eröffnet. Wenn beispielsweise die BVG in einer Holding verschwunden ist, sind die Spielräume und Einflußmöglichkeiten auf Strukturwandel und Preisgestaltung wesentlich eingeschränkt. Die Koalition betreibt eine Politik der Selbstentmachtung der öffentlichen Hand. Auf diese Strategie, sich aus der politischen Verantwortung zu stehlen, sollten wir nicht mit den besseren Verkaufs- oder Privatisierungskonzepten antworten. [...] Unser Ziel muß sein, das öffentliche Vermögen langfristig zu sichern und für den ökologischen Stadtumbau und eine soziale Wohnungsbaupolitik einzusetzen. Für Bündnis 90/Die Grünen muß es darum gehen, genossenschaftliches Eigentum zu fördern und die jetzige Strategie langfristig umzudrehen.
Sollte eine Analyse der politischen Situation ergeben, daß der Spielraum zu eng ist, um unsere Politik umzusetzen, dann müssen wir deshalb weiter eine offensive Politik aus der Opposition heraus machen und nicht, um ein Bündnis mit der PDS zu verhindern. Lassen wir nicht zu, daß die Zustände, die wir verändern wollen, uns assimilieren! Judith Demba, Ida Schillen, Bar-
bara Oesterheld, Ursula Hertel-
Lenz, Dietmar Volk, Riza Baran
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