Doku über gescheiterten Islam-Reformer: "Sie verdienen diese Religion nicht"
Ein zum Islam konvertierter Jude wollte die muslimische Welt verändern. „Der Weg nach Mekka“ (Arte, Samstag, 23.15 Uhr) rekonstruiert den Lebenslauf eines gescheiterten Idealisten.
Es ist ein sensibles Thema, dem sich der Österreicher Georg Misch annimmt. Misch zeichnet das Leben von Muhammad Asad nach, einem 1900 im damaligen Lemberg (heute Ukraine) geborenen Juden, der später zum Islam konvertierte und einer der bedeutendsten muslimischen Intellektuellen wurde. Und ja, der Film macht auch Station in den Palästinensergebieten, ja, es wird am 11. September der Ground Zero besucht. Es geht hier nicht um irgendeinen Mann, sondern um einen, der auch heute noch Moslems wie Juden gleichermaßen aufwühlt.
Asad, der als Leopold Weiss in eine Rabbinerfamilie hinein geboren wurde, hat es als seine Lebensaufgabe betrachtet, „den Westen“ davon zu überzeugen, dass der Islam eine friedliche, geradezu gutmütige Religion sei. Den wahren Kampf aber trug er mit den Muslimen selbst aus. Gegen konservierte Bräuche kämpfte er an, gegen fanatische Strömungen, gegen die Benachteiligung von Frauen. Am Ende seines Lebens war er sicher, sein Ziel verfehlt zu haben. „Sie verdienen diese Religion nicht“, sagt der greise Mann.
Man kann Asads Leben als Versuch beschreiben, aber auch als Scheitern. Beides tut Misch in seiner Dokumentation. Zeigt einen Mann, der getrieben von romantischen Gefühlen und journalistischem Eifer neue Länder entdeckt, sich assimiliert, an seinen eigenen Ansprüchen scheitert und schließlich resigniert das Weite sucht.
Misch besucht Mekka in Saudi-Arabien. Ausgerechnet hier war es, wo Asad predigte, dass Frauen im Islam gleichberechtigt seien, der Koran nicht vorschreibe, ob sie Auto fahren dürften. Asad war damals seiner Zeit voraus, er ist es als Toter immer noch. „Wir brauchen jemanden, der uns kritisiert, damit wir uns entwickeln“, erklärt ein saudischer Intellektueller. Und schiebt nach, dass das Land nicht entwickelt genug sei für Denker wie Asad.
Asad selbst sah das zu Lebzeiten genauso. Geradezu verbittert ging er während des Zweiten Weltkriegs weiter nach Indien, wurde später UN-Gesandter des gerade unabhängig gewordenen muslimischen Pakistans. Misch besucht nun mehr als 50 Jahre später eine Art Asad-Lesekreis, ein versprengtes Häufchen. „Er ist gescheitert“, sagt einer im Kreis. Ist er nicht, sagt der andere. Immerhin sei Pakistan heute die siebtgrößte Atommacht der Erde, wird von dem nächsten wütend postuliert. Dann geht das Licht aus, Stromausfall. Die Szene ist wie gebacken für den Film, der zeigen will, was Asad wollte, und was davon blieb.
Misch hat die richtige Fährte für seine Recherche gefunden, mit den richtigen Menschen an den richtigen Orten gesprochen. „Der Weg nach Mekka“ ist damit Historienfilm genauso wie ein Beitrag zur Tagesdebatte um religiösen Dialog.
Die Dokumentation endet an Asads Grab. Hier moniert der Imam der Moschee gegenüber dem ehemaligen Assistenten Asads, dass der Stein zu weit aus der Erde rage, zu christlich wirke. „Selbst im Grab muss er mit Fundamentalisten kämpfen“, klagt der Assistent. Der konservative Imam und der Asad-Schüler stehen sich ratlos gegenüber. Sie haben sich nichts zu sagen.
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