: Doktorhutveredelte Chinesifizierung
betr.: „Brauchen wir ein neues Sozialsystem?“, taz vom 30. 4. 07
Sie werfen den Gewerkschaften regelrecht Rückständigkeit vor, weil diese mit der altmodischen Forderung kommen: „Jeder Mensch muss von seinem Einkommen in Würde leben können und darf nicht in Zweit- und Drittjobs gezwungen werden.“ Offenbar passt das nicht ins Schema Ihres ach so promovierten Herrn Walwei – wer eine Doktorarbeit schreibt, hat ja bekanntlich immer recht – und auch sonst nicht in Ihre Denke, da Sie doch fragen: „Der Zweit- und Drittjob, die schlecht entlohnte Teilzeitstelle, der Stundenlohn von 3,80 Euro brutto, die befristete Honorartätigkeit – lässt sich diese Realität aber noch wegdiskutieren?“
Ich weiß nicht, wer Sie finanzell unterstützt. Aber von 3,80 Euro Stundenlohn könnte ich nicht mal bei einer Vollzeitstelle leben. Ich würde für meine 40-Quadratmeter-Einzimmerwohnung damit gerade die Warmmiete und den Strom reinkriegen. Was dieser doktorhutveredelte Aufruf zur Chinesifizierung Deutschlands soll, weiß ich nicht. Wendelin Wiedeking, ebenfalls Doktor, hat im Stuttgarter Landtag mal gesagt, dass wir Deutschland nicht chinesifizieren dürfen – und jetzt braucht ausgerechnet die taz bei einem Autofürsten Nachhilfeunterricht in linker Politik. DETLEF BOSAU, Stuttgart