piwik no script img

Dönerimbiss gegen NSU-Mordserie„Im Denken der 50er und 60er Jahre“

Die Ombudsfrau der Opfer der Neonazi-Terrorzelle NSU, Barbara John, hat die Ermittlungen der Polizei mit einem eigenen Döner-Imbiss kritisiert. „Dieser Wahnsinn hat Methode“, sagte John.

Man hätte an ein politisches Motiv denken müssen, findet Ombudsfrau Barbara John. Bild: dapd

BERLIN afp | Die Ombudsfrau der Opfer der Neonazi-Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), Barbara John, hat die Einrichtung eines eigenen Döner-Imbisses durch die bayerische Polizei im Zuge der Ermittlungen als einseitig kritisiert. „Dieser Wahnsinn hat Methode“, sagte John der Berliner Zeitung vom Freitag.

Für sie habe sich der Eindruck verfestigt, dass die Ermittlungen zu den Morden an Migranten mit großer Bewusstheit in Richtung Ausländerkriminalität geführt und alle anderen Spuren außer Acht gelassen worden seien. „Dabei war das Opferbild so zwingend, dass man an ein politisches Motiv hätte denken müssen.“ John warf den Sicherheitsbehörden vor, immer „im Denken der 50er und 60er Jahre“ gefangen zu sein, als relativ wenige Migranten hier gelebt hätten.

Im NSU-Untersuchungsausschuss war am Donnerstag bekannt geworden, dass bayerische Ermittler für ihre Untersuchungen zu den Morden einen eigenen Döner-Imbiss eröffnet hatten. Sie sollte nach den Worten des früheren Nürnberger Oberstaatsanwalts Walter Kimmel dem Zweck dienen, Ausländer aus dem Bereich der organisierten Kriminalität anzulocken. Dass die Täter Rechtsextremisten gewesen sein könnten, zogen die Ermittler nicht ernsthaft in Betracht.

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) regte dem Bericht zufolge an, den damals leitenden Kriminalisten Wolfgang Geier erneut in den Ausschuss zu laden. Geier habe die Frage nach verdeckten Ermittlungen während seiner Vernehmung verneint.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • F
    flipper

    Zum Verhalten von Polizei und "Verfassungsschutz" fallen einem hier eigentlich nur noch die drei Affen ein. Dazu kommt noch eine kabarettistische Note: Polizei-Döner! Wäre zum totlachen, wenn die ganze Sache nicht so furchtbar wäre.

  • FJ
    Frau John-die Expertin

    In Zukunft sollte man bei jeder Straftat sofort einen rechtsextremen Hintergrund vermuten. Schließlich ergeben Messer und Türken bei guten Menschen wie uns, ebenso wie Kriminalität und Türken, die sofortige Assoziation eines Türken und eines Nonazis der den armen Türken bedroht bzw. eine kriminelle Tat plant um sie dem Türken in die Schuhe zu schieben. Ganz klar, so ist der Alltag. Frau John ist von Beruf schließlich Expertin und sollte deshalb zur Mordkommision gehen, um dort anständig zu ermitteln und nicht wie in den 50/60ern wo doch noch gar nichts bereichert war.

  • V
    viccy

    Hinterher ist man immer schlauer. Jedenfalls kann man der Polizei wohl schwerlich vorwerfen, sie hätte nichts getan. Nun wirft man ihr halt vor, sie hätte das Falsche getan. Waren auf den Kugeln eigentlich Hakenkreuze oder woher hätte man wissen sollen, dass hier Faschos töten, wenn sie den Mund halten?