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Döner-RezeptDas virale Ding aus dem Airfryer

Wenn wir jetzt Döner zu Hause machen, senkt das den Preis wieder auf die nostalgischen drei Euro von früher? Und was sagen Profis zum Foodtok-Trend?

Beim Dönermann ist schöner – oder? Foto: Michael Bihlmayer/imago

Keine Minute vergeht beim abendlichen Scrollen, ohne dass mindestens zwei neue Videos auftauchen, in denen plastikbehandschuhte Hände Fleisch würzen, mischen, mixen, den Brei auf Backpapier verstreichen, zu Würsten einrollen und im Ofen verschwinden lassen.

Zwanzig Minuten später wird das dünne Fleisch entblättert, gezupft, ins Fladenbrot geschichtet und mit Zwiebeln, Salat und Tomaten gekrönt. Tada – das ist er, der virale Backpapier-Döner! Ohne Spieß dafür Airfryer-kompatibel und gerne mit veganem Fleischersatz. Ist dieser Döner noch ein Döner?

Das Internet streitet. „Mega“, schreiben die einen; „Sieht aber aus wie Arsch“, entgegen andere in den Kommentarspalten. „Passt. Meinen Dönermann würde ich dafür nicht betrügen, aber stimmt schon, Döner ist echt teuer geworden“, scheint der Konsens irgendwo dazwischen zu sein.

Die Frage, die sich jetzt viele stellen: Wenn wir alle nur noch Döner zu Hause machen, senkt das den Preis wieder auf die nostalgischen drei Euro von früher, als die Welt noch in Ordnung war? Oder gewinnt am Ende nur die Backpapierindustrie?

Foodtok mit Biss, hurra!

Nach einem Jahr mit gottlos überteuerten Spinnereien, von Dubai Schokolade bis Fruit Cakes à la Cedric Grolet, die erst als exklusive Delikatesse geadelt werden und sich dem famosen Taste Test beugen müssen, bis sie letztlich doch als Ramsch im Tiefkühlregal des Discounters oder an der Kasse des Spätis landen, nun endlich Foodtok mit Biss, hurra!

Beim Döner versteht der gemeine Deutsche schließlich keinen Spaß. Kein Wunder, dass die Döneralternative eine Hysterie auslöst, immerhin scheint sie ja die Dönerpreisdebatte neu zu verhandeln und vielen aus der ausgehungerten Seele zu sprechen: Das Leben ist zu teuer!

Wenn wir nun kollektiv in den Streik treten und Döner selbst machen, haben wir dann so etwas wie ein basisdemokratisches Comfort-Food, das neben seinen Funktionen als Kulturgut und Identitätsmarker auch noch reale Wirtschaftsprobleme löst? Wenn schon keine Rente und erst recht kein Eigentum, dann wenigstens Kontrolle über das kultigste Fleischbrötchen der Nation!

Was aber sagen Deutschlands Dönermänner dazu? Nichts. Entweder ist der Trend noch zu jung für Reaction Videos. Oder aber sie nehmen den Do-it-yourself-Fleischbrei nicht so ernst. Besser so, denn nur ein Döner „Mit alles?“ und „Mit scharf?“ macht wirklich schöner, wenn auch ärmer.

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