: Doch keinen Glücksgriff gemacht
■ Mordprozeß gegen einen Mann, der sich gedemütigt fühlte
Klaus B. steckt voller Probleme. Den Sprung aus dem Elternhaus hat der 32jährige bullige Kfz-Schlosser nie geschafft, wegen seiner Übergewichtigkeit leidet er unter Minderwertigkeitskomplexen. Seit gestern muß er sich vor dem Landgericht wegen Mordes verantworten. Er hat am 23. August 1994 seine Freundin mit einem Beil erschlagen.
Es begann im Mai vorigen Jahres mit einer Radio-Sendung: Die 43jährige Angelika W. suchte einen Partner für sich und ihre drei Kinder. Klaus B. meldete sich, es kam zum „blind date“. B.: „Ich dachte, sie kommt, und wenn sie mich sieht, geht sie gleich wieder.“ Doch es kam anders, schon nach zwei Stunden landeten beide im Bett.
Angelika W. habe ihn bald überredet, zu ihr zu ziehen. Schnell habe er das Vertrauen der Kinder gewonnen, zu ihr habe er sexuell eine „innige Beziehung“ gehabt. Klaus B. war glücklich: „Vielleicht hab' ich den Glücksgriff gemacht.“ Die ersten Probleme seien aufgetaucht, als die frisch Geschiedene das längst verkaufte Haus verlassen und Hals über Kopf in eine Mietwohnung ziehen mußte. Er habe die Wohnung in jenen Tagen im Schnellgang eingerichtet. Danach sei die Beziehung plötzlich abgekühlt.
Ungeniert habe sie mit einem Bekannten in seinem Beisein geflirtet: „Dabei war ihre Hand immer an seinen Geschlechtsteilen zugange.“ In der Folgezeit habe sie sich einerseits sexuell entzogen, anderseits hätte sie ihn zu „abnormen“ Sexualpraktiken animieren wollen. Hätten sie Freunde getroffen, habe sie so getan, als wäre er ein Fremder, doch wenn sie allein waren, habe sie mit ihm geschmust. B.: „Ich wußte nicht mehr, was los war.“
Besonders gedemütigt war Klaus B., als Angelika W. angefangen haben soll, sich vor seinen Augen selbst zu befriedigen. Er machte Schluß und zog wieder in sein Elternhaus. Doch Angelika W. habe ihn nach einigen Tagen wiedersehen wollen. Seine Eltern stellten ihn vor die Alternative: Wiedersehen oder Rauswurf, Klaus B. entschied sich für Angelika.
Doch als er am 23. August nach Hause kam, habe sie ihn beschimpft: „Du sollst wohl wieder für Deine Eltern spionieren, wer bei mir im Bett gelegen hat.“ Im Verlauf des Wortgefechts sei er ausgerastet. Laut Gerichtsmedizin schlug Klaus B. mit der stumpfen Seite eines Beils auf Angelika W. ein, so daß sie einen Schädelbruch erlitt, danach mit der spitzen Seite in den Hals, so daß die Halsschlagader durchtrennt wurde. Sie verblutete.
B. kann sich nach eigenen Angaben an nichts mehr erinnern, mit einem Blackout irrte er bis zur Festnahme durch Lohbrügge: „Zu Anfang habe ich mit dem Gedanken gespielt, Feierabend zu machen.“ Doch seine Eltern hätten ihm nun wieder Halt gegeben. Der Prozeß wird fortgesetzt. Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen