: Doch keine Watt-Pipeline?
■ Norwegischer Konzern will Gasleitung jetzt doch nicht als Tunnel bauen
Die Verhandlungen über den Bau der Gas-Pipeline von Norwegen nach Niedersachsen drohen zu scheitern. Der norwegische Energiekonzern Statoil wolle dem Bau einer Tunneltrasse unter dem Wattenmeer für die Gasleitung nicht zustimmen, teilte Regierungssprecher Michael Jürdens gestern in Hannover mit. Statoil wolle jetzt nur eine offene Verlegung der Pipeline finanzieren. Dabei müsse ein Schacht in den Grund des Wattenmeers gebaggert werden. Jürdens betonte, der Energiekonzern habe aber Ministerpräsident Gerhard Schröder bei Verhandlungen im April in Oslo entsprechende Zusagen gegeben.
Die Landesregierung lehnt eine offene Verlegung der Pipeline durch den besonders geschützten Nationalpark Wattenmeer ab. Allein die Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft verbiete eine offene Verlegung der Gasröhren, betonte der Sprecher. Bei der Tunnellösung wäre demgegenüber der Grund des Wattenmeeres nicht von Bauarbeiten betroffen. Die Mehrkosten durch den Tunnelbau werden auf 250 Millionen Mark geschätzt.
Die Tunnellösung stelle gegenüber der offenen Verlegung einen viel größeren Eingriff in die Natur dar, sagte der Sprecher der BEB Erdgas und Erdöl GmbH, Ulrich Menges, gestern auf Anfrage. Bei dem Tunnelbau, der zwei bis drei Jahre länger als eine offene Verlegung dauern würde, müßten zum Beispiel im Höchstabstand von 50 Metern Bohrungen für Bodenuntersuchungen im Watt niedergebracht werden. Außerdem würden an den Ausgangstellen des Tunnels für die Dauer der Arbeiten große Bauwerke entstehen. Menges vermutete, daß der Ministerpräsident nicht richtig über die Auswirkungen eines Tunnelbaus informiert worden ist. Die BEB ist Kunde der Statoil und größter deutscher Gasproduzent.
Jürdens und die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Thea Dückert, sehen durch ein mögliches Ausbleiben norwegischer Erdgaslieferungen den angestrebten schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie nicht gefährdet. Mit dem Gas sollte ein geplantes Großkraftwerk in Stade betrieben werden, das das dortige Atomkraftwerk ersetzen soll.
„Es gibt noch eine Menge anderer Gasanbieter, zum Beispiel in Europa oder den GUS-Staaten“, sagte Jürdens. „Die Frage ist, inwieweit Statoil um bessere Bedingungen pokern will“, meinte Dückert. Sie betonte, in Niedersachsen sei die Stromversorgung nicht gefährdet, wenn das AKW in Stade vom Netz gehe. Gegen diesen ältesten noch laufenden Reaktor der Bundesrepublik macht die Landesregierung Sicherheitsbedenken geltend. So werde etwa der in der Reaktorkonstruktion verwendete Stahl durch Neutronenbeschuß spröde, sagte Jürdens. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen