Dix droht mit Sanktionen: Snowden erreicht die Wirtschaft
Berlins Datenschutzbeauftragter macht nach NSA-Enthüllungen Druck auf Unternehmen: Die müssten ihre Datensicherheit hochfahren.
Nach dem Bekanntwerden der NSA-Ausspähungen macht der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix Druck auf hiesige Unternehmen. „Wer denkt, er könne nach den Aufdeckungen mit seinen Daten weiter freizügig umgehen, wird Probleme mit uns bekommen“, sagte Dix am Mittwochabend auf einer Diskussion der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK).
Laut seiner Auskunft wurde bereits im November eine einstellige Zahl an Berliner Unternehmen angeschrieben, die in engem Austausch mit Partnern in den USA stünden oder US-Tochterfirmen seien. Bei ihnen gebe es „offene Fragen“ bei Kunden- und Beschäftigtendaten. Namen nannte Dix nicht, er sprach nur von „großen“ Firmen.
Der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hatte enthüllt, dass der amerikanische Geheimdienst flächendeckend und verdachtsunabhängig Internet- und Handydaten überwacht. Dix sagte, man wolle wissen, „welche Maßnahmen die Unternehmen einsetzen, um ihre Datenübermittlung in die USA zu schützen“. Gleiches gelte für genutzte US-Cloud-Dienste, Datenspeicher im Internet, bei denen Dix „höchste Vorsicht“ anmahnte.
Der Datenschutzbeauftragte drohte auch mit Sanktionen. Sollten Firmen weiter fahrlässig mit ihren Daten umgehen, müsse man auch über Bußgelder oder eine zeitlich befristete Verfügung nachdenken, den Datenverkehr des Unternehmens gen USA zu untersagen. Dix nannte dies aber „den letzten Schritt“. „Unser Appell ist, dass die Unternehmen jetzt selbst aktiv werden und nicht erst auf politische Abkommen warten.“ Dies sei im Eigeninteresse der Firmen, gehe es doch ums Kundenvertrauen.
Die Drohung ist nicht hohl, Datenschutzbehörden haben durchaus Sanktionsmittel. So verdonnerte Dix 2009 die Deutsche Bahn zu einem Bußgeld von 1,1 Millionen Euro, nachdem diese Mitarbeiter und teils auch deren Angehörige ausgespäht hatte, um Korruptionsfälle aufzuklären.
Auch der IHK-Rechtsexperte Christoph Irrgang appellierte an Berliner Unternehmen, ihre Internetsicherheit zu verstärken. Er warnte aber vor überzogenen Sanktionen seitens der Behörden. Viele Firmen seien etwa auf die in der Diskussion stehenden Clouddienste angewiesen. „Die können dichtmachen, wenn deren Nutzung untersagt wird“, sagte Irrgang.
Auch hiesige Unternehmen wehren sich. Guido Brinkel, Hauptstadtleiter des Internetanbieters 1&1, empfahl zwar auf der IHK-Diskussion, Firmen sollten ihre IT-Sicherheit „zur Chefsache machen“. Die Lösung der NSA-Affäre sei aber Aufgabe der Politik, nicht der Wirtschaft. Auch Ansgar Baums vom US-Technologiehersteller Hewlett-Packard warnte vor einem „Einreißen des transatlantischen Datenverkehrs“. Die NSA-Aufregung sei „instrumentalisiert“.
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