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Dissidenten in KubaFasten für inhaftierten Kollegen

Kubanische Oppositionelle fordern die Freilassung eines Dissidenten. Der war im März festgenommen worden – auf dem Weg zur Papst-Messe.

Dissidenten sammeln sich vorm Haus der hungerstreikenden Martha Beatriz Roque. Bild: dapd

BERLIN taz | Marta Beatriz Roque ist die bekannteste der inzwischen 25 Oppositionellen, die seit Montag in Kuba für die Freilassung von Jorge Vázquez Chaviano in den Hungerstreik getreten sind.

Der Dissident aus der Provinz Villa Clara war am 27. März 2012 festgenommen worden, als er sich auf den Weg nach Havanna machen wollte, um der Messe von Papst Benedikt XVI. beizuwohnen.

Laut der 67-jährigen Marta Beatriz Roque, einer ehemaligen Universitätsprofessorin und Menschenrechtsaktivistin, hätte Jorge Vázquez Chaviano nach Verbüßung seiner Haftstrafe am Sonntag aus dem Gefängnis in Santa Clara entlassen werden müssen. Da das nicht der Fall gewesen sei, habe sie gemeinsam mit neun weiteren Oppositionellen den Hungerstreik begonnen

Für das Recht auf zivilen Widerstand

Erklärtes Ziel ist es, den in Sagua la Grande lebenden Mann freizubekommen und gegen die Beugung kubanischen Rechts durch die Behörden zu protestieren. Die Fälle von „Nichterfüllung der geltenden Gesetze“ steige, so kritisierte Beatriz Roque der spanischen Nachrichtenagentur Efe in Havanna. Gleichzeitig bekräftigte die an Diabetes leidende Oppositionelle, keinerlei medizinische Hilfe annehmen zu wollen. Ihrem Beispiel folgten am Dienstag und Mittwoch weitere Oppositionelle, die die Aufnahme von Nahrung verweigern und ihren Protest öffentlich machen.

Inzwischen stieg die Zahl der Hungerstreikenden auf 25, darunter auch Jorge Vázquez Chaviano selbst, der sich im Gefängnis Alambradas de Manacas in der Provinz Villa Clara befindet. Unter den Hungerstreikenden befindet sich mit Jorge Luis García Pérez (Antúnez), dem Sekretär der „Front des zivilen Widerstands Orlanda Zapata Tamayo“, ein weiterer prominenter Dissident, der für das Recht auf zivilen Widerstand eintritt und lange Jahre in Haft saß.

Mit der Aktion wollen die Dissidenten auf ihre schwierige Situation aufmerksam machen, die laut der kubanischen Kommission für Menschenrechte und nationale Versöhnung (CCDHRN) von vielen Festnahmen geprägt ist. Auf diesem Wege werde es der Opposition erschwert, sich zu organisieren und auf sich aufmerksam zu machen, kritisierte unlängst Elizardo Sánchez, Präsident des CCDHRN.

Die kubanische Regierung hat bisher auf den Hungerstreik nicht reagiert. Ein regierungsnaher Blogger bezeichnete den Hungerstreik hingegen als „Zirkus“.

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8 Kommentare

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  • UH
    Udo Henn

    Lieber tdd, nur der guten Ordnung halber: In Kolumbien gibt es weder politische Gefangene noch Hungerstreiks.

  • L
    Lysenkoismus

    Die Fälle von Repression in Kuba finde auch ich bedauerlich. Hier scheint mir allerdings, dass die Bösen den Guten ihre Spielregeln aufgezwungen haben, und wenn letztere nicht bis zu einem bestimmten Grad nach diesen Regeln mitspielen werden, dann wäre das Spiel für sie bald ganz aus - und Kuba wäre wieder eine amerikanische Bananenplantage.

     

    Dafür, dass die USA seit 50 Jahren unaufhörlich einen Wirtschafts- und Agentenkrieg gegen das Land führen, mit all den Folgen, die das zeitigt: Armut, Unzufriedenheit (die sich dann natürlich erst mal gegen die eigene Regierung richtet), Paranoia - dafür ist das Land aber noch erstaunlich liberal.

     

    Ich würde mal sagen: seit einem halben Jahrhundert verteidigen die Kubaner hartnäckig ihre Freiheit gegen eine feindselige und skrupellose Supermacht in unmittelbarer Nachbarschaft, und gegen deren beständige Subversionsbemühungen - und ja, dabei schießen sie auch öfters mal über das Ziel hinaus.

     

    Das sind eben keine Heiligen - und genau darauf legt es die US-Strategie gegen Kuba auch an. Ich gehe mal davon aus, dass all diese Repressionsmaßnahmen ziemlich schnell zu Ende kommen würden, sobald die USA nur endlich mit dem aufhören würden, Kuba erneut einen Kolonialstatus aufzuzwingen.

  • AH
    Andreas Heil

    Kuba ist das mit Abstand fortschrittlichste Land Lateinamerikas. Die permanente Hetze, nach der ein bisschen Pressefreiheit scheinbar wichtiger ist als Gesundheit und Bildung, ist kleinkariert. Warum schreien die gleichen Menschen nicht auf, wenn hierzulande mit Harz IV Menschenrechte verletzt werden. Um die sogenannnten Dissidenten muss sich niemend sorgen. Die stehen bei der CIA unter Vertrag und die wird schon dafür sorgen, dass keiner von denen verhungert. Ein paar Wochen medienwirksame Hunger-Show und anschließend nach Miami ausweisen lassen und sich dort den Bauch fürstlich vollschlagen - das ist das einzige Ziel.

    Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf!

  • T
    tdd

    Die Verhältnismäßigkeit, wie ausführlich etwaige Verfehlungen Kubas in der taz ausgeschlachtet werden, stimmt nicht.

    In Südmexiko oder Kolumbien sind die Menschenrechte bedrohter, es gibt ständig Hungerstreiks politisch Gefangener.

    Traurig, dass ihr euch der Hetze gegen Kuba anschließt.

  • A
    Anna

    @ Henning:

    Würden Sie sagen, dass es in Deutschland (oder Wahlweise USA) Menschenrechtsverletzungen gibt (siehe Frankfurt oder Stuttgart, siehe Drohneneinsatz, Todesstrafe in USA)?

    Es werden doch auch hier Menschenrechte verletzt. Hier gibt es ein Pressemonopol, massive Einflussnahme der Meinungsbildung und Politik durch Konzerne und es gibt politische Gefangene (nach den Demos immer massenhaft).

     

    Ist wirklich kleinkariert, ich würde sagen scheinheilig, wenn gerade wir in den Industrieländern, die reich sind, durch die jahrhundertelange und weiter bestehende Ausbeutung anderer Länder und Menschen sich über ein Land mit wesentlich weniger Mängeln hinsichtlich Umweltzerstörung und Ausbeutung von Menschen aufregt. Wenn wir z.B. Waffen zur Unterdrückung anderer Menschen liefern, damit wir weiterhin billig Rohstoffe und sonstige Werte bekommen, dann sind das Menschenrechtsverletzungen, hat doch sogar der Papst als Sünde bezeichnet.

  • ER
    einem regierungsnahen Blogger

    Zirkus.

  • WD
    Weiße Dame

    Kuba hat ein für mittel- und südamerikanische Verhältnisse gutes Bildungs- und Gesundheitssystem, doch ohne freie Berufswahl, Demokratie, Pressefreiheit uvm. fehlt vielen Kubanern die Perspektive. Ihre Lebensfreude ist dabei nur wenig politisch. Menschen, die sich trotz vieler Gefahren für mehr Freiheit einsetzen, sind nicht genug in Zeitungsartikeln wie diesen zu erwähnen. Gerade in der TAZ.

  • H
    Henning

    Warum verbreitet die taz solche Lügen? Oder hat Frau Jelpke etwa unrecht?

     

    KONTRASTE

    "Würden Sie sagen, dass es auf Kuba Menschenrechtsverletzungen gibt?"

     

    Ulla Jelpke (Linkspartei.PDS), Bundestagsabgeordnete

    "Ich würde sagen, dass es auf Kuba vor allem Menschenrechte gibt, die eingehalten werden. Und da geht's zum Beispiel um das Gesundheitssystem, um das Bildungssystem."

     

    KONTRASTE

    "Auf der anderen Seite werden doch auch Menschenrechte verletzt. Es gibt ja dort keine Meinungsfreiheit, keine Pressefreiheit und es gibt politische Gefangene."

     

    Ulla Jelpke (Linkspartei.PDS), Bundestagsabgeordnete

    "Ja, aber ich finde das jetzt eine klein karierte Diskussion."