: Dissens über Gesundung der Währung
■ Anläßlich des Treffens der G-7-Finanzminister im Rahmen der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington mißlang die zur Schau gestellte Harmonie nach dem Referendum
Zwei Stunden lang rauchten die Köpfe der europäischen Finanzminister, sichtbares Ergebnis war vorerst nur ein Kommuniqué mit der obligatorischen Feststellung, das französische Ja zu den Maastrichter Verträgen würde die Spannungen auf den Währungsmärkten abmildern. Uneinigkeit herrschte allerdings weiterhin, wie man die Ursachen für die Spannungen der letzten Woche ausräumt, in deren Folge sich Großbritannien und Italien vorerst aus dem Europäischen Währungssystem zurückgezogen hatten. Noch am Samstag hatten sich die Finanzminister der sieben reichsten Industrieländer bei ihrem Treffen im Rahmen der Jahrestagung von Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds alle Mühe gegeben, nach außen hin Harmonie zu demonstrieren. Am Sonntag traten die Konflikte vor allem zwischen London und Bonn wieder deutlich zutage. Der britische Finanzminister Lamont machte erneut das deutsche Haushaltsdefizit und die hohen Zinsraten der Bundesbank für Wachstumsschwierigkeiten in Europa verantwortlich. Finanzminister Waigel entgegnete, die Vereinigung habe das Wachstum nicht gehemmt, sondern im Gegenteil gefördert, da in Deutschland die Importnachfrage gestiegen sei.
Wie das ramponierte europäische Währungssystem wiederherzustellen sei, wußte am Sonntag noch keiner zu sagen. Norman Lamont betonte zwar Londons Bekenntnis zum Europäischen Währungssystem, schwieg sich aber darüber aus, wie die Anbindung Großbritanniens in Zukunft aussehen soll. Sollte eine Einigung nicht erzielt werden, könnte es zu einer Zweiteilung kommen: Dem europäischen Währungssystem würden dann nur noch die Länder mit starken Währungen und niedrigen Inflationsraten angehören.
Einen etwas ungewöhnlichen Vorschlag zur Lösung der europäischen Währungskrise steuerte US- Präsident George Bush bei. Bei einem Empfang der Finanzminister im Weißen Haus am Sonntag hatte Bush die Idee unterbreitet, die internationalen Wechselkurse an den Gegenwert bestimmter Waren, darunter auch Gold, anzubinden. Wie dies funktionieren soll, konnte oder wollte der Präsident den anwesenden Ministern nicht erklären. Das wiederum könnte damit zu tun haben, daß die Idee nicht von ihm stammt, sondern von James Baker; er hatte sie bereits 1987, als er Finanzminister war. Andrea Böhm, Washington
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen