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Diskussion um Restaurant-BewertungenHygiene-Smiley nur freiwillig

Ab Juli sollten Restaurants einen Smiley bekommen - für gute oder schlechte Hygiene. Nun hat die Senatsverwaltung die berlinweite Einführung gestoppt.

Lächeln nur bei Sauberkeit: Die Restaurant-Smileys.

Berliner Restaurants werden nicht wie geplant ab Juli mit Smileys für gute oder schlechte hygienische Zustände gekennzeichnet. Die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz bestätigte, dass von einer entsprechenden Änderung des Gaststättengesetzes abgesehen werde. Die Verfassungsjuristen hätten Bedenken angemeldet, sagte Sprecherin Marie-Luise Dittmar.

Nach den Plänen von Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) sollte bereits zum Jahresanfang ein berlinweites System starten, bei dem Gaststätten mit guter Hygiene einen lachenden Smiley aufhängen, solche mit schlechten hygienischen Verhältnissen sollten ein trauriges Gesicht anbringen. Parallel dazu sollten die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen im Internet veröffentlicht werden. Nach Verzögerungen bei der Gesetzesänderung und der technischen Ausstattung wurde der Start zunächst um ein halbes Jahr verschoben. Nun soll der verpflichtende Smiley wegfallen, übrig bleibt die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse im Internet.

"Der Smiley hätte sich nur auf Gaststätten bezogen, die Veröffentlichung der Ergebnisse betrifft dagegen alle Lebensmittelbetriebe", versucht Dittmar die Entscheidung abzumildern. Für die anderen Betriebe sei eine Gesetzesänderung auf Bundesebene notwendig. Außerdem habe Berlin eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines bundesweiten Kennzeichnungssystems gestartet. Bis es es eine bundesweite Regelung gibt, soll der Smiley nun auf freiwilliger Basis vergeben werden.

Das ist schon in Pankow so. Hier läuft ein Projekt, das seit dem 1. Januar 2009 freiwillige Smileys und seit dem 1. März 2009 die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse im Internet vorsieht. "Entsetzt und wütend" sei er, sagt der zuständige Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Der Bezirk habe über mehrere Jahre das Projekt vorangetrieben, evaluiert und mit der Senatsverwaltung zusammengearbeitet, nur um jetzt zu erfahren, dass es vorerst nicht zur berlinweiten Einführung kommen wird. "So schützt man nicht Verbraucher", kritisiert Kirchner. Im Zuge der Vorbereitungen sei auch ein verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag gegeben worden, in dem keine Bedenken geäußert worden seien.

Doch die Senatsverwaltung fürchtet nicht nur den Widerstand der Juristen, sondern auch den Unwillen der Bezirke. Denn nicht alle Bezirke waren von der Idee einer verpflichtenden Kennzeichnung der Restaurants so begeistert wie Vorreiter Pankow. Mit der Gesetzesänderung, so lässt es Dittmar durchblicken, habe man auf die zögerlichen Bezirke zugehen wollen. Ist diese rechtlich umstritten, befürchtet die Verwaltung einen Rückzieher einiger Bezirke.

Bis mit den freiwilligen Smileys und dem Verhalten der Verbraucher genug Druck aufgebaut wird, um sämtliche Gaststätten zur Teilnahme zu bewegen, braucht es laut Kirchner viel Zeit. In Pankow würden bislang 56 Betriebe einen Smiley aufhängen - bei insgesamt über 6.000 im Bezirk. Immerhin sei nach der Einführung der Smileys und der Veröffentlichung der Kontrollergebnisse die Zahl der Betriebsschließungen zurückgegangen. So seien es 2008 noch 111 gewesen, im Jahr darauf noch 71. Im Unterschied zur geplanten berlinweiten Regelung illustriert Pankow die veröffentlichten Kontrollergebnisse mit Fotos, die potenziellen Besuchern veranschaulichen, was unter "mangelhafter Betriebshygiene" zu verstehen ist.

Die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz setzt nun auf ihre Bundesratsinitiative. Dittmar sagte, eine gesetzliche Grundlage sei noch in diesem Jahr zur erwarten.

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5 Kommentare

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  • K
    Kitzerow

    super,war sowieso nur ein egoistisches Getue vom Grünen Kirchner.

    Ich glaube nicht das ein Smiley garantieren kann dass,ein Koch im drei Sterne Restaurante mir ,als Gast,nicht in die Suppe spuckt.Weil er mich nicht leiden kann.

    Außerden kontrolliert ein Hygiene Persönchen.Na und ob die dich nun, als Wirt, leiden kann.?????

  • W
    werner

    Ist doch ganz einfach,wenn die Politiker wieder einmal umfallen und auf Freiwilligkeit setzen wollen, haben wir die Macht.

    Lokale welche den Smiley nicht haben, nicht mehr aufsuchen, auch rein gehen und den Mitarbeitern sagen warum man nicht kommt.

  • E
    Erdkabel

    Dänemark hat dieses Hygiene-Smiley seit Jahren erfolgreich im Einsatz!

    Es klappt bestens, die guten Betriebe haben damit keine Probleme. Die Kunden achten sehr wohl darauf, wenn sie eine Lokalität betreten, ob der Rapport auch öffentlich ausgehängt ist und wie der Zustand ist.

    Da aber die Dagegen-Lobby hier in Deutschland sehr großen Einfluß nimmt, dürfen wir weiterhin in "Schmuddel-Gaststätten" gehen. Schade, aber so ist Deutschland!!

  • T
    tageslicht

    Es ist zwar wirklich schade, dass der Senat hier so offensichtlich vor der Gastro-Lobby eingeknickt ist, doch ist auch die Veröffentlichung der Ergebnisse im Internet eine sehr positive Sache, die bisher ziemlich einzigartig in Deutschland ist.

     

    Viele werden sicherlich ihren Abendbesuch wenigstens kurzfristig planen, und ein kurzer Abstecher auf die Seite der Senatsverwaltung tut sicher keinem weh. Ich als Bewohner des Bezirkes Pankow mache für diesen Bezirk von dieser Möglichkeit schon häufigen Gebrauch.

  • F
    FAXENDICKE

    Plötzlich nimmt man es aber ernst mit der Verfassung, wenn es um soziale Transferleistungen für Erwerbslose und deren Kinder geht wird die Verfassung mit Füssen getreten, aber wenn der Gaststättenverband und Co. sich unsere Politpappnasen zur Brust nimmt, ja dann ist die Verfassung aber besonders wichtig.

    Dieses heuchlerische Pack auf allen Ebenen der Politik ist einfach nur noch peinlich.