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Diskussion um Internet-SperreFamilienministerin gegen Cybermobbing

In Berlin wurde ein 17-Jähriger nach Cybermobbing von Jugendlichen verprügelt. Ministerin Schröder will die verantwortliche Webseite indizieren.

Kristina Schröder versteht bei Cybermobbing keinen Spaß. Doch ob eine Sperre etwas nützt, ist umstritten. Bild: dapd

BERLIN dapd | Nach der Prügelattacke auf einen Berliner Jugendlichen wegen Beleidigungen im Internet will Bundesjugendministerin Kristina Schröder (CDU) gegen Mobbing-Webseiten vorgehen. "Eine Gesellschaft, der Kinder- und Jugendschutz etwas bedeutet, kann und darf eine solche Entwicklung nicht hinnehmen", sagte Schröder. Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) warnte dagegen vor übereiltem Handeln.

Hintergrund sind Hetzbeiträge auf der Internetseite "I share gossip" (engl.: Ich verbreite ein Gerücht), die am Wochenende in Berlin zu einer brutalen Schlägerei unter Jugendlichen geführt hatten. Auch gab es auf der Seite Amokdrohungen, so dass an zwei Berliner Schulen der Unterricht ausfiel. Die Polizei hatte nach einer Analyse der Drohungen deren Ernsthaftigkeit allerdings ausgeschlossen. Die Beiträge auf der Plattform sind anonym. Die Seite steht im Visier der Justizbehörden in Frankfurt am Main und Berlin.

Schröder sagte, sie habe die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien schon vor einiger Zeit gebeten, eine Indizierung der Seite zu prüfen. Die Anbieter von "I share gossip" haben bis Donnerstag Zeit, Stellung zu nehmen. Die Entscheidung könne dann "sehr kurzfristig" fallen, kündigte die Behörde an.

Ein 17-Jähriger war in Berlin-Wedding von einer 20-köpfigen Gruppe Jugendlicher bewusstlos geprügelt worden, weil er sich vor seine Freundin gestellt hatte. Die 18-Jährige war auf der Internetplattform von Mitschülerinnen diffamiert worden. Der junge Mann wurde mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen.

Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) sieht in der Prügelattacke eine neue Qualität von Cyber-Mobbing. Er warnte zugleich vor "Schnellschüssen". Beim Thema Internet sei es nicht einfach, "rechtliche Lösungen zu schaffen, die etwas bringen".

Zur Frage einer Netzsperre sagte Zöllner, er sei der Auffassung, "dass man sich um diesen konkreten Fall kümmern muss". Er warne aber "vor der Illusion, dass man damit das Problem löst". Die Senatsbildungsverwaltung will in der kommenden Woche Polizei, Schulpsychologen, Schulleiter und Schulräte zusammengerufen, um über das Thema Cybermobbing zu beraten. Die Berliner Bildungsverwaltung will sich künftig stärker um die Umsetzung bestehender Anti-Gewalt- und Anti-Mobbing-Programme kümmern.

Im Falle einer Indizierung wäre die Internetseite, die auch für Pornografie wirbt, nicht mehr über die gängigen Suchmaschinen auffindbar. Abschalten lässt sie sich so jedoch nicht. Die Betreiber können nicht durch Aufsichts- oder Bußgeldverfahren belangt werden, da sie die Seite vom Ausland aus betreiben. Berliner Eltern fordern die Abschaltung der Internetseite. FDP- und Grüne-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wollen verstärkte Medienbildung an Schulen. Berlins CDU dagegen unterstellt SPD-Senator Zöllner den Wunsch nach Sperrung der Seite - und wirft ihm deshalb "fehlende Medienkompetenz" vor.

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14 Kommentare

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  • M2
    Marie 2011

    Mobbing ob gegen Kinder oder Erwachsene ist allerübelst. Ich schliesse mich zum grössten Teil Karl an.Diese Leute sollten sich allerdings nicht in den Selbstmord treiben lassen. In der ehemaligen DDR hat man das auch versucht. Mit Leuten, die sich dem Regime nicht angepasst haben. Oder die man versucht hat zu manipulieren und wo das nicht gelang. Die DDR gibts heute nicht mehr. Ob Kinder oder Erwachsene, lasst euch nicht fertig machen. niemals; iHR FINDET IMMEr Zeugen, wehrt euch bis es nicht mehr geht, wenn euch ein Sender blockiert, dann den nächsten. Irgendwann bleibt ihnen nur die Wahl dich hinzurichten um dich zum schweigen zu bringen, oder dich nicht mehr zu ignorieren.

  • K
    karl

    Mobbing, ob gegen Kinder und Jugendliche ist allerübelst. Die Menschen die es betrifft, werden gezielt unterlaufen, e-mails gehen verschütt, man beruft sich auf technische Fehler. Diese Leute sollen gezielt in den Selbstmord getrieben werden. Die Meinung ist nicht genehm. Dumm nur, wenn es doch mal Zeugen gibt. kLAR; ! ODER ZWEI lEUTE WERDEN GEGEN EIN sYSTEM NICHTS AUSRICHTEN KÖNNEN: Aber was sie und ein Betreiber eines Internetcafes gesehen haben, haben sie gesehen, und können das auch bezeugen. Es gibt auch Menschen, die noch Zivilcourage haben.

  • M2
    Marie 2011

    Bravo, die CDU tut das, was die SPD nicht hinbekommt, sie geht gegen Mobbingopfer vor.

  • A
    Alekto

    Was ich nicht ganz kapiere, ist der Zusammenhang zwischen Tat und Internet. Ich meine, wurde da direkt zu Gewalt aufgerufen? oder haben ein paar Spinner es sich zum Hobby gemacht, immer mal wieder das Internet nach Mobbingopfern zu durchforsten, um dann diesem aufzulauern? Oder waren die Täter es, die auch im Internet gemobbt haben? Häh? Wo ist die direkte Verbindung zwischen dieser Website und der Tat???

  • M
    maysonRb

    Als ich noch zur Schule ging, wurden Äusserungen, wie die auf der Seite, noch an Klotüren geschrieben.

     

    Ich warte nur darauf, dass die ersten Klotüren verboten werden, nachdem das ganze Internet zensiert wurde (Und immer noch Kinder gemobbt werden)...

  • O
    Oli

    Die Diskussion geht doch mal wieder total am eigentlichen Problem vorbei, nämlich dass Jugendliche sich gegenseitig krankenhausreif schlagen. Und diese Tat findet nicht im Internet statt, sondern ganz nicht-virtuell auf der Straße. Auch macht eine Website aus harmlosen lieben Jugendlichen, die bis dahin immer nur miteinander gekuschelt haben, keine Schläger.

  • B
    BiBo

    Dann mal flugs nach Schweden,denn da ist die Seite derzeit gehostet. "This is a website report about isharegossip.com. The site is currently hosted in , Sweden on a server with the IP 88.80.21.2 which is hosted by ISP PeRiQuito AB." nicht mal eine Minute. Nun die Frage, wie koennen diese Inhalte indiziert werden. Inhalte, nicht technische Erreichbarkeit ueber Entfernung aus Suchmaschinen? Bin mal gespannt, was die Schweden sagen, wenn Frau Schroeder ankommt.

     

    Zudem, Frau Schroeder sollte sich als Familien- und Jugendministerin mal lieber Gedanken machen, WARUM Jugendliche so sind und nicht nur im blanken Aktionismus eine von zig Webseiten zu sperren oder zu indizieren.

     

    By the way, in den letzten drei Tagen hat sich das Klickvolumen bei dieser Seite mehr als verdreifacht.

  • DW
    Daniel W.

    Weder ich, der sich als "netzaffin" bezeichnen würde, noch irgendjemand in meinem Umfeld, haben jemals von dieser Seite gehört - Jedenfalls bevor nun die Berichterstattung losging und bevor man sich dazu entschloss, eine völlig unsinnige Indizierung der Website zu veranlassen. Gratulation an Medien und Behörden: Diese abartige Seite dürfte nun so ziemlich jedem Schüler der Republik bekannt sein.

     

    Interessant wäre es, zu wissen, wer dahinter steckt.

    Bevor man das Wort "Netzsperre" aussprechen kann, wird diese Idee auch schon wieder in die Diskussionsrunden geworfen. Man könnte fast meinen, der Betreiber hatte genau diesen Hintergedanken: Furchtbare Website, aber ganz ohne Kinderpornos und daher so gut wie nicht zu löschen...

  • D
    dummdidum

    Inkompetenz-Ministerin Schröder hat (mal wieder) vom Thema keine Ahung. Und wie immer plappert sie ahnunglos darauf los und versteigt sich in blinden Aktionismus, der keine Lösung bringt.

  • K
    KFR

    Prügel-attacken und weitere Vorfälle haben in der "realen" Welt stattgefunden, wieder mal sollen die "Boten" und allgemeine Kenntniss von peinlichsten Vorfällen unterdrückt und unter den Teppich gekehrt werden ! Das nennt man Zensur, aber die findet in der BRD laut Verfassung ja nicht statt.

    Für die angedeuteten Sperrmassnahmen sind die kiddys eh zu intelligent,aber das kapiert eine Schröder eh nicht.

  • SG
    Sven Geggus

    Wann lernen die Leute denn endlich, dass es nichts bringt den Überbringer einer schlechten Nachricht zu bestrafen nur weil man der Verursachers nicht habhaft wird oder weil es vermeintlich einfacher ist als letzteres zu tun?

  • S
    shivan

    Mobbing muss bekämpft werden! Aber ich denke, dass man dabei primär den potenziellen Opfern (also jedem, inkl. "Täter") zu gesundem Selbstbewusstsein verhelfen muss, denn erst durch die Angreifbarkeit funktioniert Mobbing - zumindest solang es bei Verbalitäten bleibt. Zu erreichen ist das wohl nur mit einer guten Grunderziehung in Schule und Elternhaus. Eine Indizierung/Sperrung einer "Mobbingplattform" wird vergebliche Folgenbekämpfung und Symbolpolitik sein.

     

    Mobbing entsteht immer aus Minderwertigkeitskomplexen beider beteiligten Parteien und ist nur am Ansatz effektiv zu beseitigen.

  • G
    Gunter

    Anstatt sich um die Gewalttäter zu kümmern, möchte sich Frau Schröder lieber um die Webseite kümmern ? Wer soll das noch verstehen ?

  • M
    matto

    Was die Ministerin nicht weiss: Ein solches Internetportal gibt es längst.

    http://juuuport.de

     

    Betreiber ist die Niedersächsische Landesmedienanstalt

    http://nlm.de