: Diskussion um Aids-Tests lenkt ab
■ Aufforderung des Bundesgesundheitsministers in der Kritik
Die Aufforderung von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) an Blutpatienten, sich auf HIV testen zu lassen, stößt in Berlin auf Kritik. „Die Testerei lenkt vom eigentlichen Problem ab – der Profitorientierung der pharmazeutischen Industrie und des Bluthandels“, sagte der Berliner Ärztekammerpräsident Ellis Huber. „Der pauschale Aufruf zum Test ist unverhältnismäßig und unverantwortlich und versetzt viele Menschen unnötig in Angst“, meinte die Deutsche Aids-Hilfe in einer Stellungnahme. Der sensible Bereich des Bluthandels ist nur mit einer „Non-profit-Organisation“ sicherer zu machen, so Huber. Die Ärztekammer habe nichts gegen HIV-Tests bei Patienten, doch lenke die Aufforderung zum Test von dem tieferliegenden Problem ab. Die Aids-Hilfe verwies auf das sehr geringe Risiko, sich durch Blut oder Blutprodukte anzustecken. Der Aufruf schade möglicherweise der „erfolgreichen Präventionspolitik“. Die AOK Berlin übernimmt die Kosten von Aids-Tests, teilte eine Sprecherin mit. Es könnten sich alle Patienten melden, die nach 1980 eine Bluttransfusion erhielten. Nach AOK-Angaben koste ein HIV-Suchtest die Berliner Krankenkasse 60 Mark. Das unter Beschuß geratene Bundesgesundheitsamt (BGA) ging gestern in die Offensive. Der entscheidende Tip zur Überprüfung der Koblenzer Firma UB Plasma GmbH sei aus dem BGA in Berlin gekommen, erklärte gestern deren Sprecher, Klaus-Jürgen Henning. Das Aids-Zentrum des BGA habe der Kriminalpolizei den Hinweis gegeben, die Zahl der Blutspenden mit der Zahl der HIV-Tests zu vergleichen. Eine UB-Plasma-Mitarbeiterin hatte in der vergangenen Woche gestanden, daß bei 7.000 Blutspenden nur 2.500 HIV-Tests verwandt worden waren. Das BGA werde sich daran beteiligen, Maßnahmen zur höheren Sicherheit von Blutprodukten zu koordinieren, sagte Henning. Experten des Amtes werden an der Tagung von Fachreferenten der Ländersozial- beziehungsweise -gesundheitsministerien an diesem Donnerstag in Hamburg teilnehmen. dpa/taz
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