piwik no script img

Diskriminierende BezahlungSPD will Löhne offen legen

Die SPD will die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern gesetzlich herstellen – mit einem Bußgeld. Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) findet das zu bürokratisch.

Psychische Anforderungen: Schon in den Jobbeschreibungen beginnt die Lohnungleichheit. Bild: dpa

BERLIN taz | Die SPD möchte der deutschen Lohnlücke mit einem Gesetz zu Leibe rücken. Die Differenz von Frauen- und Männerlöhnen ist mit 23 Prozent die drittgrößte in Europa. Sie ergibt sich zum Teil aus der Berufswahl, der Arbeitszeit und den Berufsunterbrechungen von Frauen. Auch dass sie nicht in höhere Posten aufsteigen, drückt die Lohnsumme.

Allerdings sind auch die Gehaltssysteme in den Betrieben oft diskriminierend: Da wird die Tätigkeit eines Technikers ausführlich dargestellt, was einen recht hohen Lohn zur Folge hat, der komplexe Job einer Altenpflegerin aber nur mit wenigen Sätzen beschrieben, wobei psychische Anforderungen etwa überhaupt nicht erfasst werden.

Gegen solche versteckten Diskriminierungen möchte die SPD mit einem „Entgeltgleichheitsgesetz“ vorgehen. Es sieht vor, dass alle Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten regelmäßig einen anonymisierten Bericht über die Entgeltstruktur abgeben. Der wird von der Antidiskriminierungsstelle (ADS) geprüft und eventuelle schiefe Bewertungen werden moniert. Der Betrieb muss dann das Gehalt der diskriminierten Gruppe anheben. Dabei gibt es Übergangsfristen. Wer den Bericht nicht oder fehlerhaft abgibt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen, schlägt die SPD-Fraktion vor.

Auch in Tarifverträgen können sich Diskriminierungen verstecken, weil typische Frauenberufe in der Regel dort ebenfalls nicht mit all ihren Anforderungen erfasst werden. Die Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben können ebenfalls die ADS anrufen und auf der Grundlage von deren Expertise auch das Arbeitsgericht anrufen, das die Erhöhung des Tarifs ab sofort verfügen kann. In den nächsten Tarifverhandlungen müssen dann diskriminierungsfreie Eingruppierungen vereinbart werden.

Im Bundestag ohne Chance

„Seit 101 Jahren kämpfen Frauen für das Recht auf gleiche Bezahlung. Diese Forderung wird mit dem Entgeltgleichheitsgesetz für Frauen in 190.000 Betrieben der Privatwirtschaft und Dienststellen der öffentlichen Verwaltung endlich eingelöst“, so die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Caren Marks.

Das Gesetz hat im Moment im Bundestag keine Chance, weil die Koalition von einem solchen „Bürokratiemonster“ nichts wissen will. Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) hat statt eines Gesetzes eine freiwillige Überprüfung von Firmen mit dem Messverfahren Logib-D ermöglicht.

Das Instrument kann aber ungerechte Eingruppierungen nicht messen und wird deshalb von der SPD und den Gewerkschaften abgelehnt. Auch EU-rechtlichen Vorgaben entspricht es nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • C
    Comment

    Auffallend lustig ist mal wieder die Kompetenzzuschreibung von Heide Oestreich an Kristina Schröder: Frauenministerin! Nun, in Österreich gibt es eine Frauenministerin und die heißt Heinisch-Hosek, die - ganz zufällig versteht sich - in dieselbe Kerbe haut. Lustig auch, dass ausgerechnet die Gewerkschaften, die seit eh und je die weit überwiegende Mehrzahl der Betriebsräte stellt, sich nun selbst ein Armutszeugnis ausstellt und die eigenen Funktionäre in ein schlechtes Licht rückt. Waren diese doch schon immer auch dabei, wenn Arbeitsstellen bewertet wurden. Das Logib-Verfahren, das seinen Ursprung in der Schweiz hat, scheint all denen, die da immer noch meinen, dass Frauen in der Entlohnung benachteiligt werden, ein mächtiger Dorn im Auge. Tatsächlich aber liegen die Probleme der sich betroffen fühlenden Frauen in ihnen selbst. Sie sind es, die von alten Rollenmodellen nicht lassen können und wollen und sich somit selbst in die Abhängigkeiten begeben, die dann mit viel aufgesetztem Ach und Weh beklagt werden. Und wie sieht es mittlerweile beim größten Arbeitgeber aus? Schweigen! Klammern wir den Part der „Landesverteidigung“ aus, sind es doch mittlerweile überwiegend Frauen, die dort - mehr oder minder sinnvolle - Beschäftigung finden, weil sie auf finanzielle Absicherung allergrößten Wert legen, bei möglichst flexibler und geringer Arbeitszeit. Tja und wie ist es im Staatsdienst um die Transparenz bestellt? Eigentlich doch dann kein Thema mehr, wenn Frau nebst Gewerkschaften an der Quelle sitzen. Oder ist es mit der Benachteiligung der Frauen doch nicht annähernd so weit her, wie es den Männern immer wieder vorgejammert wird?

  • B
    Bert

    @Horsti:

     

    Die 23% werden im richtigen Kontext erreicht. Man muss die Zahlen nur richtig massieren - im Statistiken zurechtbiegen sind Spin-Doktoren ja oft ganz prima. Wenn man zB alle Bundesbürger zwischen 18 und 65 nimmt, in Männchen und Weibchen teilt und dann das Einkommen aufsummiert, kommt man auf ganz gewaltige Zahlen.

     

    Um dann auf 8% zu reduzieren, muss man Vernunft zeigen: Nur Vollzeitbeschäftigte mit ähnlicher Qualifikation und in vergleichbaren Stellen gegeneinander aufrechnen zum Beispiel. Damit bekommt man in ganz vielen Fällen dann sogar nur exakt 0% - weil alle per Tabelle ermittelten Löhne nicht unterschieden werden. Manche jammern dann, dass Mutterschutz- und Erziehungszeiten sich negativ auswirken - ja, in der Lebensarbeitszeit bzw. bei der Betriebszugehörigkeit, die oft Einfluss auf das Gehalt hat, kann man das bestimmt nachweisen. Dann verletzt man nur leider das Prinzip "vergleichbare Stelle und Position".

     

    Dass (meines Wissens in "Studien" geprüft) Frauen bei Gehaltsverhandlungen durchschnittlich weniger erfolgreich sind, wird in den Posten mit frei verhandeltem Gehalt vermutlich ein paar Prozentpunkte heraushauen. Von diesen Stellen gibt es gar nicht so viele, und vor allem können die kaum in Gehaltstabellen sinnhaft gegeneinander verglichen werden.

     

    Der Gedanke einer solchen zwangsweise erstellten Statistik mit Strafen für Abweichler ist also genauso blöder Aktionismus wie die Idee, "Frauen-Stellen" (Kindergärtnerin, Altenpflegerin) würden schlechter bezahlt als Männer-Stellen (Stahlkocher, Waste Deposit Mobility Manager aka Müllmann), nur weil letztere in Stellenbeschreibungen mit mehr Worten zu Buche schlagen.

     

    Bei soviel Schwachsinn in einem Plan wundert es mich geradezu, dass er nicht von Frau Schröder stammt.

  • HL
    Hauke Laging

    Dass die selbsternannten Frauenförderer mit Kanonen auf spatzen schießen, scheint mittlerweile zum guten Ton zu gehören. Haben die Angst, sonst nicht genug Aufmerksamkeit zu bekommen?

     

    Was soll denn dabei herauskommen? Zwei Geschäftsführer sind automatisch quotiert, sonst Strafe? Was kann ein Betrieb dafür, dass der Beruf seiner Angestellten von Männern und Frauen ungleich häufig ergriffen wird?

     

    So macht man gute Ansätze kaputt. Ein guter Ansatz wäre, dass jeder Betrieb (ab einer Mindestgröße wie hier) die Geschlechts- und Altersverteilung (oder sind Frauen, die sich ihren Beruf ja immer noch selber aussuchen, wichtiger oder hilfsbedürftiger als Alte, die sich ihr Alter nicht aussuchen können?) in einer vorgegebenen Granularität über seine Gehaltgruppen veröffentlichen muss. Auf seiner Webseite, wenn er eine hat, am besten unter einer festen Adresse und in einem vorgegebenen Format.

     

    Dann kann sich jeder Arbeitssuchende und jeder Konsument entscheiden, ob er so ein Unternehmen unterstützen möchte.

     

    Das hätte sicher einen ausgleichenden Effekt. Wie groß, wäre abzuwarten. Aber man könnte natürlich nicht laut "Bußgeld!!!elf" herausposaunen. Und die Frage, warum die deutschen Frauen weiterhin bei anscheinend sexistischen Unternehmen kaufen, möchte sicherlich keine Feministin beantworten.

  • H
    Horsti

    Frau Oestreich, wie lange wollen Sie eigentlich noch das Märchen von den 23% Lohnunterschied verbreiten?

    Das stat. Bundesamt spricht längst von "höchstens 8%".