: Direkte Demokratie üben! betr.: Volksentscheid, taz vom 7.und8.10.94
Betr.: Volksentscheid, taz vom 7.und 8.10.94
Ich finde, weder Hermann Kuhn (taz vom 7.10.) noch Dirk Asendorpf (taz vom 8.10.) haben das eigentliche Problem herausgearbeitet, das mit der geplanten Erleichterung von Verfassungsänderungen verbunden ist. Die grundlegende Frage ist doch, wie mensch die Einbeziehung der Bevölkerung in politische Entscheidungen organisiert. Die bestehende Bremer Verfassung schreibt vor: das Parlament erarbeitet Änderungsvorschläge, die BremerInnen diskutieren diese und stimmen ihnen in einem Volksentscheid entweder zu oder lehnen sie ab. Ich finde diese Regelung aus zwei Gründen gut: Sie fordert zum einen die PolitikerInnen, also diejenigen, die dazu am meisten Zeit und Möglichkeit haben, durchdachte Vorschläge zu erarbeiten. Und sie berücksichtigt zum anderen, daß auch PolitikerInnnen„daneben liegen“ können. Denn die BremerInnen werden nur Vorschlägen zustimmen, die sie überzeugend finden. Wer also am 16.10. gegen die geplanten Verfassungsänderungen stimmt, stimmt nicht für ein „Recht auf Stillstand“, wie Hermann Kuhn das nennt, sondern dafür, daß die Bremer Bevölkerung zumindest in Verfassungsfragen miteinbezogen werden muß.
Wie schwer sich die Bremer PartlamentarierInnen damit tun, haben sie in der Vergangenheit und Gegenwart bewiesen: nicht ein einziges Mal hat die Bremer Bürgerschaft seit 1947 einen Volksentscheid zu Verfassungsfragen organisiert, und auch derzeit demonstrieren die Parteien, wie unfähig sie sind, vollständig über die Inhalte des Volksentscheides zu informieren. Das ist der eigentliche Skandal! Zum Glück haben es die BremerInnen noch in der Hand, den ParlamentarierInnen weitere Möglichkeiten zu geben, sich in direkter Demokratie zu üben: sie müssen nur gegen die Verfassungsänderungen stimmen!
Elke Gundel (Grüne Jugeninitiative Bremen)
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