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Dioxin-Skandal zieht weitere KreiseStraf-Androhung und Eier-Listen

Noch mal 139 Höfe gesperrt. NRW gibt erste Nummern bekannt, an denen belastete Eier zu erkennen sind – Bio-Eier bislang nicht betroffen. Agrarminister kündigen derweil härtere Strafen an.

Achten Sie auf die Kennnummer! Eier könnten derzeit mit Dioxin belastet sein. Bild: dpa

BERLIN/OSNABRÜCK dpa/afp | Die Behörden fahnden weiter nach Betrieben, in denen verseuchtes Futter an die Tiere gegeben worden sein könnte. In Nordrhein-Westfalen wurden am Dienstagabend vorsorglich 139 weitere Betriebe gesperrt.

NRW veröffentlichte zudem als erstes betroffenes Bundesland Kennnummern, anhand derer die Verbraucher dioxinbelastete Eier erkennen können. Sie sind jeweils auf die Schale gestempelt.

Bio-Eier sind nach Angaben des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) von dem aktuellen Dioxin-Skandal nicht betroffen. "Im Öko-Landbau sind isolierte Fettsäuren, die im aktuellen Fall die Quelle für die Kontamination von Futter mit Dioxin waren, nicht erlaubt", erklärte der Geschäftsführer des Verbands.

"Unter den gesperrten Betrieben ist kein Bio-Betrieb." Betriebe, die einem der deutschen Öko-Verbände angehören, dürften grundsätzlich keine konventionellen Pflanzenöle einsetzen. "Verbraucher können deshalb unbesorgt weiterhin Eier und Fleisch aus ökologischer Erzeugung kaufen", erklärte Gerber.

Nach Informationen der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung Neue Westfälische hat das NRW-Verbraucherministerium bei der EU bereits die Zustimmung für eine Erhöhung der Bio-Förderung beantragt. Das bestätigte ein Sprecher des Ministeriums. Verstärkt gefördert werden sollen Betriebe, die auf den alternativen Anbau umstellen.

Agrarminister wollen auf Grüner Woche beraten

Die Agrarminister der Länder werden noch diesen Monat über neue Maßnahmen als Reaktion auf den Skandal um giftiges Dioxin in Tierfutter beraten. Der Vorsitzende der Agrarministerkonferenz, Thüringens Landwirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU), sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Minister würden sich am Rande der bevorstehenden Grünen Woche vom 21. bis 30. Januar in Berlin treffen. "Es bedarf in erster Linie deutlich schärferer Strafen bei Verstößen gegen das Lebens- und Futtermittelrecht", sagte Reinholz.

Nur mit harten, abschreckenden Sanktionen seien die Scharlatane der Branche zu beeindrucken. Bisher drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, wenn Lebens- oder Futtermittel mit gesundheitsschädlichen oder verbotenen Zusätzen versehen werden.

Zudem werde es darum gehen, den Informationsaustausch zwischen den Ländern weiter zu verbessern und die Spielregeln für den Vertrieb von Futtermitteln zu verschärfen, sagte Reinholz. Bei den Kontrollen der Futter- und Lebensmittelbranche sieht er keinen Handlungsbedarf. Das Kontrollniveau sei bereits "sehr hoch".

Der Deutsche Bauernverband begrüßte die Ankündigung von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU), die Regeln für die Zulassungsbedingungen von Futtermittellieferanten zu überprüfen. "Betriebe, die technische Fette herstellen, müssen vollständig ausgeschlossen werden von Lieferungen in den Futter- und Nahrungsmittelbereich", sagte der Generalsekretär des Verbandes, Helmut Born, der Passauer Neuen Presse.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) verurteile "in schärfster Form jede Verwendung unzulässiger Bestandteile in der Futtermittelproduktion", sagte ihr Vorsitzende Jürgen Abraham der Bild-Zeitung. Verstöße gegen geltendes Recht müssten "umfassend aufgeklärt und bestraft werden".

"Außerordentliche hohe" Belastung entdeckt

Verbraucherschützer des Landes Niedersachsen haben nach eigenen Angaben eine "außerordentlich hohe" Dioxin-Belastung des in den Handel gelangten Tierfutters festgestellt. In einer Probe seien 123 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm Fett ermittelt worden.

Bernhard Aue, beim Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (Laves) für die Futtermittelüberwachung zuständig, sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: "Das ist ein außerordentlich hoher Wert." Von Teilen des Futters, das mindestens 15 Hersteller an Landwirte in Niedersachsen verkauft haben, gehe ein "erhebliches Kontaminationsrisiko" für Lebensmittel aus.

Hauptverursacher ist offenbar der Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch. Das Unternehmen soll im November und Dezember 2010 insgesamt 2.700 Tonnen Dioxin-belastetes Futterfett an 25 Futtermittelhersteller geliefert haben. Die Ware ist an Firmen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Sachsen-Anhalt gegangen.

Welche Lebensmittel außer Eiern noch verseucht sein könnten, wird erst in einigen Tagen feststehen. Mehr als 1.000 Bauernhöfe in mehreren Bundesländern sind geschlossen. Sie dürfen ihre Ware erst wieder verkaufen, wenn sie auf eigene Kosten in Labortests die Unbedenklichkeit nachgewiesen haben.

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4 Kommentare

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  • A
    Amso

    Solange das Strafmaß geringer als der Reibach, dann lohnt sich kriminelle Energie. Man sieht es an den korrupten Bänkern, an Managern, Politikern u.s.f.

    kriminell zu sein lohnt sich. (Aber nur für die Großen).

  • W
    Wolfgang

    In Deutschland gehen wirtschaftliche Interessen vor gesundheitlichen Interessen. Fast immer! Oder?

  • W
    Westberliner

    Ich habe da mal ´ne Idee. Man könnte die versuchten Eier sammeln, verfaulen lassen und die Verursacher damit "eiern". Ähnliche Strafen gibt es im Iran und man nennt es Steinigen.

  • B
    brigitte

    "Das Kontrollniveau ist bereits sehr hoch."

     

    Ja, in formaler Hinsicht. Zum Beispiel werden Kühlschranktemperaturen in Betrieben sogar schriftlich dokumentiert. Was sagt das schon ? Nichts, aber es dokumentiert den Kontrollwillen.

    In der Realität haben die Lebensmittelkontrolleure keine Ahnung. Sichtbarer Schmutz wird beanstandet, doch auf mikrobielle oder gar chemische Risiken werden Betriebe nie kontrolliert, jahrzehntelang nicht. Im Grunde genommen kann alles Gift in jeder Dosis immer und überall drin sein (Verbraucher-schmutz).

    Es besteht deshalb kein Anlaß, den Hochrisiko-Betrieben der Tierindustrie/Gastronomie/Einzelhandel noch den Behörden je zu vertrauen, weil solche "Skandale" wie dieser hier ständig wieder passieren.

    Nur Betriebe, die alle einkommenden Substanzen selbst durch mind. 2 Labore vollumfänglich checken lassen, bevor sie in die Verarbeitung oder ins Futter gelangen, nehmen den Begriff Eigenkontrollsystem, wie er von der europäischen Kontrollrichtlinie HACCP gefordert wird, überhaupt ernst. Dioxin-Hühnereier, Dioxin-Schweine- und Putenfleisch, Ekelfleisch ? Guten Appetit !

    Ähnlich der Atomfrage lautet die Behördensprach-regelung auch hier: Für diese Gefahr bestand nie eine Bevölkerung !