Digital Markets Act und Lobbyismus: Konzerne undercover dabei
Die EU wollte die Öffentlichkeit am Kampf gegen Monopole von Tech-Giganten beteiligen. Eine Analyse zeigt, wie die Unternehmen das unterwanderten.
Bei den Workshops, die die EU-Kommission im März durchgeführt hatte, um die Öffentlichkeit an der Umsetzung der neuen Regeln zu beteiligen, hätten auch Vertreter:innen von Tech-Konzernen teilgenommen – und zwar teils, ohne entsprechende Verbindungen offenzulegen. Dazu seien sie jedoch aufgefordert gewesen.
Der Digital Markets Act (DMA) hat das Ziel, Plattformen mit Monopolstellung einzuhegen. Damit soll sich der Wettbewerb und die Position der Verbraucher:innen verbessern. Der DMA macht daher Vorgaben für die größten Anbieter. Teilweise kommen die Regeln schon zum Tragen – etwa, wenn Apple und Google als Anbieter von Smartphone-Betriebssystemen nun auch alternative App-Stores und Zahlungswege zulassen müssen. Doch der Widerstand gegen die neuen Regeln von Seiten der Konzerne war und ist enorm.
Entsprechend groß war die Beteiligung an den Workshops zur Umsetzung. Der Recherche der drei Organisationen zufolge hatten 848 der dabei registrierten Teilnehmer:innen (21 Prozent), Verbindungen zu Unternehmen, die der DMA regulieren soll. Doch längst nicht alle hätten offengelegt, wenn sie Verbindungen – etwa anwaltlich beratender Art oder als Thinktank, der finanzielle Zuwendungen erhält – zu den Tech-Konzernen halten.
Zu den indirekten Vertreter:innen der Konzerne seien außerdem die direkten Angestellten gekommen, die weitere 5 Prozent der Teilnehmenden gestellt hätten. „Der Einsatz von Tarngruppen durch Big Tech zur Verzerrung der öffentlichen Debatte ist äußerst problematisch“, kritisiert Bram Vranken vom Corporate Europe Observatory. „Es ist nicht nur irreführend, sondern untergräbt auch die demokratische Entscheidungsfindung.“
Es ist nicht das erste Mal, dass Verbände die Lobbymacht von Konzernen in Brüssel anprangern. Vor allem mit den Verhandlungen über die Datenschutz-Grundverordnung vor rund zehn Jahren hat sich ein Apparat an getarnten Lobbyist:innen in Brüssel installiert, teilweise als Vertreter:innen von Kanzleien und Thinktanks. Versuche seitens der EU, das Vorgehen zu verhindern, haben bislang keinen großen Erfolg gezeigt.
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