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Differenziert schießen

■ Mit einer räumlichen Trennung von Straftätern und Abschiebehäftlingen reagiert Justizbehörde auf „Schießbefehl“-Strafanzeige Von Silke Mertins

Es ist dunkel, und am Gefängniszaun klettern drei Knackis gen Freiheit. Der Sicherheitsbeamte sieht sie und zieht seine Schußwaffe. Nur: Darf er schießen? Laut Justizsenator Klaus Hardraht (parteilos), der am 4. Juni angesichts der gelungenen Flucht eines Rumänen öffentlich bemängelte, daß keine Kugeln flogen, sollte er. Doch auf Abschiebehäftlinge – Zivilgefangene genannt – und Jugendliche darf nicht geschossen werden.

Wegen seiner Äußerung handelte sich der Noch-Senator vor knapp zwei Wochen eine Strafanzeige von Menschenrechtsgruppen ein. Begründung: Anstiftung zum „Begehen dienstlicher Straftaten“. Ein Sicherheitsbeamter kann in „gemischten“ Knästen nicht unterscheiden, ob es sich bei dem Ausbrecher um einen Straftäter oder einen Abschiebehäftling handelt.

Jetzt reagierte die Justizbehörde: Durch „eine räumliche Trennung“ zwischen diesen beiden Gruppen von Inhaftierten soll „sichergestellt werden“, gab Justizbehördensprecherin Sabine Westphalen auf Anfrage an. Weil die Unterbringung von Abschiebehäftlingen in grundsätzlich verschiedenen JVAs nicht immer möglich sei, sollen sie jetzt wenigstens in verschiedenen Teilen des Gefängnisgebäudes untergebracht werden, um eine Unterscheidung zu ermöglichen. „Bei Zweifel darf von der Schußwaffe kein Gebrauch gemacht werden“, so Westphalen.

Die räumliche Trennung „läuft jetzt“, so die Justizbehörde. Dennoch sind zwischen Ende Juni und Anfang August zwölf Anschiebehäftlinge von Glasmoor in die Untersuchungshaftanstalt versetzt worden und halten sich auch jetz noch dort auf. Die meisten „aus Sicherheitsgründen“, so die Behörde: Drei hätten „Unruhe verbreitet und gestiftet“, weitere drei „bei der Abschiebung Schwierigkeiten gemacht“, zwei einen Fluchtversuch unternommen, und einem sei die Flucht gelungen, bevor er wieder gefaßt wurde. In Glasmoor sei keine Einzelhaft möglich, deshalb die Verlegung. Ein „Trennungsgebot“ zwischen Untersuchungs- und Abschiebehäftlingen – wie die GAL in einer kleinen Anfrage an den Senat zum „Einsatz von Schußwaffen“ behauptet – gebe es nicht.

Wegen des Schußwaffenverbots auf Jugendliche und Abschiebe-Knackis war das Ausbruchsezenario vom 8. August diesen Jahres nach Ansicht der GAL ein doppelter Verstoß: In der Jugendhaftanstalt Hahnöversand versuchten drei jugendliche Abschiebehäftlinge zu entkommen. Zweien gelang die Flucht, einer wurde lebensgefährlich verletzt. Es sei nicht vertretbar, so die GAL in ihrer Senatsanfrage, „daß es 18 Jahre nach Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes in Hamburg noch immer keine landesrechtliche Regelung für den Schußwaffengebrauch in Jugendvollzugsanstalten gibt“.

Das sei eine „Kann-Bestimmung“, so die Justizbehörde, die folglich überhaupt keinen Handlungsbedarf sieht. Es gebe aber eine „klarstellende Verfügung“, die sich am „maßgeblichen Strafvollzugsgesetz orientiert“, so Sprecherin Westphalen. Ob bei dieser „Schieß“-Verfügung nach Personengruppen differenziert wird, wollte die Justizbehörde nicht preisgeben.

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