Differenzen unter Mediaspree-Gegnern: Müde in den Mühen der Ebene
Ein Bürgerdeputierter im Sonderausschuss Mediaspree tritt zurück. Grund sind Differenzen innerhalb der Gegner des Projekts über die Frage, wie weit man den Befürwortern entgegenkommen soll.
Die Gegner von Mediaspree zerlegen sich gerade selbst - und wie unter Linken üblich dreht sich der Streit über die Frage nach Radikalopposition oder Dialogbereitschaft. Einer der Bürgerderdeputierten der Initiative "Mediaspree versenken!" im Bezirkssonderausschuss Mediaspree, Henrik Haffki, erklärte vorige Woche seinen Rücktritt. Als Grund nannte er gravierende politische Auseinandersetzungen mit seinen ExmitstreiterInnen: Die würden zu stark auf Verhandlungen setzen. Er hingegen wolle vor allem Aktionen von BewohnerInnen- und Stadtteilinitiativen unterstützen.
Haffki saß bisher als einer von vier Bürgerdeputierten der Initiative "Mediaspree versenken!" in dem Sonderausschuss. Dort beratschlagen sie gemeinsam mit VertreterInnen des Bezirksamtes Friedrichshain/Kreuzberg, der Bezirksverordnetenversammlung und den EigentümerInnen der Grundstücke über die Umsetzung des Bürgerbegehrens "Spreeufer für alle". Das am 13. Juli 2008 von 87 Prozent der WählerInnen in Kreuzberg-Friedrichshain angenommene BI-Konzept sah weitreichende Veränderungen bei der Bebauung des Spreeufers vor. Dazu gehören ein 50 Meter breiter baufreier Uferstreifen und ein Stopp des Baus weiterer Hochhäuser sowie die Verhinderung des Ausbaus der Brommybrücke für den Autoverkehr.
Der Architekt Carsten Joost, der das Bürgerbegehren wesentlich mitorganisierte und von Haffki besonders kritisiert wird, sieht keine Alternative zu dem von medienwirksamen Aktionen begleiteten Verhandlungsweg. "Dieses Vorgehen ist die logische Konsequenz aus dem Bürgerentscheid", sagte er der taz. Dabei habe es bei einigen Grundstücksplanungen auch schon Erfolge gegeben. Allerdings räumt Joost ein, dass bei den mühseligen Verhandlungen die Euphorie gedämpft wurde, die die Media-Spree-GegnerInnen nach den BürgerInnenbegehren hatten. Schließlich war der Erfolg der Höhepunkt einer berlinweiten Kampagne, an der sich ein Bündnis von ClubbetreiberInnen am Spreeufer über MieterInneninitiativen bis zur radikalen Linken beteiligte hatte.
Doch in den Mühen der Ebene bei der Ausschussarbeit traten die Differenzen deutlicher hervor. So beurteilt Haffki das Konzept der Baugruppen, das auf einer Veranstaltung der Initiative "Mediaspree versenken!" im Dezember vorgestellt wurde, als "in der Realität meistens eigentums- und mittelstandsorientiert".
Auch die in Anträgen der Mediaspree-VertreterInnen erhobene Forderung nach Erhöhung des Wohnraumanteils im Mediaspree-Raum bezeichnet Haffki "angesichts der Tatsache, dass sozialer Wohnungsbau zurzeit tot ist und nur hochpreisiger Wohnraum entstehen kann, als gefährlicher Motor für Gentrifizierungsprozesse".
Joost dagegen bestreitet, dass die Mediaspree-KritikerInnen Lobbyisten für Baugruppen geworden sind. Er bezeichnet das Vorgehen seines Kritikers als dogmatisch und befürchtet, dass dadurch neue MitstreiterInnen abgeschreckt werden könnten.
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