■ Press-Schlag: Dieter Thoma rausgeschmissen
Schönheit nutzt nichts. Naja, bei einem Model vielleicht oder einem Schauspieler, aber bei Skispringern wird nunmal in erster Linie die Weite gemessen. Es hat deshalb wenig geholfen, daß die deutschen Athleten in Falun recht angetan waren beim Betrachten ihrer Luftfahrten im Video. Alles hübsch, wirklich, mit einem einzigen Makel nur: „Es sieht aus wie 111 Meter, aber es geht nicht runter“, klagte Jens Weißflog und meinte wohl, daß sie zu schnell wieder unten waren auf der Erde. Elfter Platz in der Mannschaft bei dieser Weltmeisterschaft, „brutal demaskiert“ als „Trainingsweltmeister“ (dpa), eine „Katastrophe“ für Trainer Rudi Tusch, „der absolute Tiefpunkt“. Und für Toni Innauer, Österreichs flinkzüngiges Springerdenkmal, hätten die Deutschen schon „einen fünften Springer gebraucht“, um auf einen Medaillenplatz zu segeln.
Der Buhmann war schnell gefunden: Dieter Thoma. Gestern wurde er vorzeitig nach Hause geschickt, wo er auch bleiben kann für die restlichen Wettkämpfe dieses Winters. Grund: „mangelnde Leistungsbereitschaft“. Sagt jedenfalls Mannschaftsleiter Detlef Braun, während die Meinung Thomas nicht bekannt wurde wg. Abwesenheit bei der Pressekonferenz. „Die Zeit war zu kurz, um ihn im Athletendorf zu finden.“ (Braun) Das ist bedauerlich, weil Dieter Thoma nach eigenem Empfinden „ein extrem hohes Erregungsgefühl“ hat, welches zu erleben ein Vergnügen gewesen wäre; so muß auf Vater und Heimtrainer Franz zurückgegriffen werden: „Das ist eine Demütigung ohnegleichen.“ Hat der Dieter nicht, fragt er, das Skispringen hierzulande wieder hoffähig gemacht? Wohl wahr, und zu Haus' in Hinterzarten hat der Bürgermeister eigens ein „Thoma-Lied“ komponieren lassen.
Das hat in Falun keinen geschert, der Erfolg von gestern ist so alt wie die Zeitung von gestern, und Trainer Tusch hat dem Weltmeister im Skifliegen schlichte „Angst“ unterstellt, „wie schon einige Male bei Nebel und Wind“. Dabei sei Dieter Thomas Rauswurf, damit niemand das etwa mißverstehe, „keine Disziplinierungsmaßnahme“. Dessen Papa indes raunt etwas von „Retourkutsche“, was nicht ganz fern liegt bei der Vergangenheit seines Sprößlings. Der ist nun beileibe kein Rebell o.ä., gab bestenfalls den Funktionären hie und da ein paar Widerworte – ein Schwarzwälder Sturkopf. Lehnte etwa die Eingliederung in die Sportkompanie der Bundeswehr ab, um dort „nicht zu verblöden“: In Sportkreisen wird einer damit zum äußerst schrägen Vogel.
Nun müßte man sich sorgen um Thoma (Erregungsniveau!) nach seiner Suspendierung, hätte er nicht jüngst neue Weisheit gewonnen: Es habe keinen Sinn, „morgens schlecht gelaunt aufzustehen“. Wenn's nicht sofort klappen sollte, länger liegenbleiben kann er die nächste Zeit sowieso. Herr Thömmes
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