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Dieselrußfilter-Austausch verzögertTausch von Betrugsfiltern auf der Kippe

Autofahrer drohen auf den Kosten für Ersatzfilter sitzenzubleiben, weil der Hersteller von defekten Filtern nur wenige Systeme austauschen will.

AutofahrerInnen, deren Dieselfahrzeug mit einem defekten Rußfilter nachgerüstet wurde, werden wohl noch länger mit den Filter-Atrappen fahren müssen. Bild: dpa

BERLIN taz AutofahrerInnen, deren Dieselfahrzeug mit einem defekten Rußfilter nachgerüstet wurde, werden wohl noch länger mit den Filter-Atrappen fahren müssen. Denn die Chancen, kostenfrei ein funktionierendes Austauschsystem zu bekommen, haben sich für Tausende Autofahrer deutlich verschlechtert.

Mindestens 40.000 defekte Dieselrußfilter sollen eigentlich kostenlos ausgetauscht werden. Dazu hatten sich Werkstätten und Handel im Herbst 2007 in einer Kulanzvereinbarung, die von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) verkündet wurde. Doch die Regelung gerät nun ins Wanken: "Die Kulanzvereinbarung ist in Gefahr", sagte Helmut Blümer vom Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZVK) der taz. Grund dafür ist die Ankündigung des Gladbecker Filterherstellers GAT, bur bis zu 12.000 der 40.000 defekten GAT-Rußfilter auszutauschen. "Das ist die maximale finanzielle Belastung, die unser Unternehmen zur Zeit schultern kann", sagte GAT-Sprecher Thomas Kappler der taz.

Der Skandal um die mutmaßlichen Betrugsfilter der Firma GAT spitzte sich im vergangen Jahr erstmals zu, als das Kraftfahrbundesamt (KBA) die Betriebserlaubnis für GAT-Nachrüstfilter zurückzog. GAT-Systeme filterten in Tests weniger als die gesetzlich vorgeschriebenen 30 Prozent der Rußpartikel. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Firma, weil GAT Prüfgutachten manipuliert haben soll, die den wirkungslosen Filtern einwandfreies Funktionieren bescheinigte. GAT hat seit Herbst 2007 jeweils für den Folgemonat funktionierende Ersatzfilter angekündigt - doch dieses Versprechen hat das Unternehmen bis heute nicht eingelöst. "Wir arbeiten an einer kompletten Neuentwicklung, die bald verfügbar sein wird", sagte GAT-Sprecher Kappler - auf einen verbindlichen Termin will er sich aber nicht festlegen.

Um betroffene Kunden nicht immer wieder vertrösten zu müssen, haben viele KFZ-Werkstätten die mutmaßlich betrügerischen GAT-Filter auf eigene Kosten durch funktionierende Systeme anderer Hersteller ausgetauscht. Die Kosten dafür hofften sie nachträglich von GAT erstattet zu bekommen. Doch das könnte sich nun als trügerisch erweisen. "GAT hat den Werkstätten bisher lediglich die Kosten für 1.400 Ersatzfilter erstattet", sagte ZVK-Sprecher Helmut Blümer der taz. Insgesamt verlaufe die Umsetzung der Kulanzregelung zudem sehr schleppend. "Im günstigsten Fall wurden bislang insgesamt 3000 defekte Rußfilter ausgetauscht", sagte Blümer. Auch die jüngste GAT-Ankündigung betrachtet der ZDK mit Skepsis: "GAT ist Ankündigungseuropameister", sagte Blümer. "12.000 Ersatzssysteme wären ein erster Schritt. Wir wollen jetzt aber endlich Taten sehen", sagte Blümer.

Unklar ist nun, wer den Austausch der geschätzten 28.000 Filter finanziert, für deren Austausch die Firma GAT vorerst nicht bezahlen will. "Herr Gabriel müsste jetzt in Panik verfallen", sagte Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe der taz. Resch glaubt, der Austausch defekter Filter werde vollends zum Erliegen kommen, wenn die Werkstätten keine Aussicht hätten, die Kosten dafür erstattet zu bekommen. "Gabriel muss endlich das absurde Theater um die Betrugsfilter beenden, das immer mehr einem Fall aus einer Bananenrepublik gleicht", sagte Resch. Die Deutsche Umwelthilfe fordert, das Umweltministerium müsse die 330 Euro Steuerzuschuss pro Filter widerrufen, wenn nicht alle defekten Rußfilter bis zum Herbst ausgetauscht werden.

Das Ministerium sieht durch die Ankündigung von GAT die Kulanzregelung nicht bedroht. "Es bleibt bei dem Rechtsanspruch, dass jeder defekte Filter durch ein funktionierendes System ausgetauscht werden muss", sagte ein Sprecher des Umweltministeriums der taz.

GAT bleibt auch bei seiner Beteuerung, nach und nach alle defekten Partikelfilter austauschen zu wollen. Es gibt auch schon einen Plan, woher das Geld dafür kommen soll: "Langfristig wollen wir den Austausch mit den Einnahmen unseres neuen Filters finanzieren", sagte GAT-Sprecher Thomas Kappler.

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7 Kommentare

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  • BK
    Bosal - Kunde

    Hallo "Betroffener",

    es wird, wie Sie vielleicht wissen, seitens bestimmmter Stellen damit argumentiert dass ein fest verbauter Partikelfilter den "Wiederverkaufswert" eines Fahrzeugs angeblich um ca. 500 - 700 Euro erhöht.

    Auch das ist heute für mich nur noch "Schöngerede",denn

    dies mag vielleicht für den "freien" Markt" zutreffen; Gewerbetreibende richten sich wohl aber nicht danach.

    Ich ließ mein Auto ( Golf4-TDI) am 30.06.2008 von einem zertifizierten VAG-Vertragshändler im Rahmen einer Gebrauchtwagenbewertung umfassend "durchchecken".

    Man teilte mir anschließend mit dass das Auto insgesamt technisch und optisch absolut TOP in Schuss ist und der Händler daher im Ankauf den vollen Listenpreis lt. Schwacke zahlen könne.

    Ob aber nun ein Filter verbaut ist oder nicht interessiere hier keinen; dieser würde bei (angeblicher) "Wirkungslosigkeit" dann sowieso vom Aufkäufer demontiert und weggeschmissen.

    Ich selbst hätte dann damit nichts mehr zu tun, sagte mir der Händler.

    "Verkaufen" werden Sie Ihr Auto bestimmt auch können aber dann auch nur mit "Verlust", denn genauso wie ein Unfallschaden muss beim Verkauf wohl auch der (angebliche) "Schrottfilter" mit angegeben werden!

  • B
    Betroffener

    Wie ist denn das, wenn man das Auto verkauft? Ich kann keinen Filter tauschen, weil für mein Auto kein Ersatzfilter auf dem Markt ist (Ford Focus). Ich muss ihn also drinlassen. Rückbau ist zu teuer (über 1000 Euro Kosten).

     

    Kann ich das Auto jetzt überhaupt verkaufen? Oder nicht? Oder muss ICH dann dem Käufer irgendwann Schadensersatz zahlen? Weiß das jemand?

  • T
    Thorsten

    ....und wenn die eventuelle Prozessflut über GAT erst hereingerollt, dann ist der nächste Mittelständler weg vom Fenster und die nächsten Schönungswürdigen Arbeitslosen auf der Strasse. Mal abgesehen davon, was produziert so ein Filter eigentlich bei seiner Herstellung an Feinstaub und sonstigem Dreck? Lassen sie sich mal eine (ungeschönte) Studie erstellen, Herr Gabriel. Herr Resch sollte die dann auch mal lesen und nicht immer nur blind vor die Wand rennen. Gleich hinterher sollte der Praxistest mit im Teillast- oder Schwachlastbetrieb genutzten Fahrzeugen folgen, z.B. Postzusteller. Das relativiert! Beiden empfehle ich die aktuelle Oldtimer-Markt. Titel: Unbequeme Wahrheiten. Der Artikel relativiert vieles, was in dieser Richtung passiert. Und erklärt jedem, der es wissen will, warum es ökologisch durchaus vertretbarer ist, ein Auto solange zu fahren, wie es irgendwie geht. Auch Recycling ist Energieintensiv!

  • BK
    Bosal - Kunde

    Das sehe ich fast genauso wie Sie,

    "Filter - Fahrer" !

     

    Langsam kann ich selbst auch den "Telefon-Terroristen" verstehen, der anonym bei der DUH anrief und diffuse "Drohungen" ausstiess.

    Dies ist hier natürlich auch nicht der richtige Weg mit diesem Problem, das die DUH für viele tausend Verbraucher schuf, "umzugehen".

    Ich selbst fahre auch jetzt noch mit einem Filtersystem (KBA.-Nr. 17097) der Fa. BOSAL aus Viersen auf Golf4-TDI welches angeblich auch lt. DUH "wirkungslos" sein soll.

    Genau hier aber kommen mir berechtigte Bedenken:

    Das System ist jetzt seit März 2007 im Auto verbaut; der Motor läuft seitdem EINWANDFREI und mit VOLLER LEISTUNG und bestand bereits im Juli 2007 im Rahmen einer Hauptuntersuchung des TÜV die Abgasprüfung mit Bravour !

    Erst vorgestern liess ich den PKW im Rahmen einer Gebrauchtwagenbewertung nochmals durchchecken; der Sachverständige konnte auch diesmal ebenfalls NICHTS finden was zumindest äußerlich auf eine "mangelhafte Verarbeitung" des Filtersystems hinweist.

    Die Werkstatt als direkter Vertragspartner mir gegenüber weigert sich von November 2007 bis heute die bestehende "Kulanzregelung" anzuerkennen und das Filtersystem für mich als betroffenen Kunden kostenfrei gegen ein anderes "funktionierendes" System eines Konkurrenzherstellers zu wechseln ( ebenso wie GAT hat auch BOSAL es bis heute nicht geschafft ein neues, "funktionierendes" Filtersystem auf den Markt zu bringen).

    Es kamen und kommen lediglich nur "Ausreden" seitens der in der Pflicht stehenden Werkstatt.

    Ein ADAC-Vertragsrechtsanwalt riet mir daraufhin den Händler mit Fristsetzung schriftlich "anzumahnen" und bei "Wirkungslosigkeit" zu verklagen.

    S.Gabriels "Kulanzregelung" - in der im November 2007 ausgehandelten Form - hielt er ebenfalls für unausgereift und für den Verbraucher eindeutig benachteiligend.

     

    Dies alles entwickelt sich auch für mich immer mehr zu einer Art (sinnloser) "Lachnummer" bei der zum Schluss höchst wahrscheinlich sehr viele Verbraucher eindeutig das Nachsehen haben werden !

  • G
    GAT-Verkohlter

    Nun ja, bei meinem GAT-Filter ist die Wirkung offensichtlich gleich NULL bzw. negativ. Der Verbrauch meines Fahrzeugs ist seit dem Einbau um ca. 0,5 l/100km nach oben gegangen. (Macht 225.-€ Mehrbelastung an Diesel bei 30000km/a und 1,50€/l)

     

    Anprangern würde ich vor allem die höchst zweifelhafte Moral eines deutschen Unternehmens wie GAT. Erst ganz abgezockt untauglichen Müll auf den Markt werfen und sich dann aus der Verantwortung stehlen.

    Aber ob Filterhersteller, Telefonanbieter, Billig-Airlines, etc. - leider sind das die Praktiken, die immer häufiger vorkommen...

  • K
    Kühnlein

    Da kann ich mich als betroffene Autofahrerin nur anschließen, denn das Kraftfahrzeugbundesamt hat diesem 20% Filter die offizielle Zulassung erteilt.Die Umschreibungskosten bei der Zulassungsstelle für den neuen Filter muss ich als betroffene auch noch selber tragen, sonst muss ich meine Steuererstattung wieder zurückzahlen.

  • F
    Filter-Fahrer

    Herr Resch ist ein ganz Schlauer!

     

    Soll er doch lieber zufrieden sein, dass immerhin 20 Prozent oder 25 Prozent gefiltert werden. Aber nein- der Umwelt-Oberfuzzi muss den Verbrauchern noch einen Tritt vors Schienbein mitgeben und kann es nicht verwinden, dass einer drei Euro Fuffzig gekriegt hat, ob wohl die Filterwirkung seines Filters zehn Prozent schlechter ist als gedacht. Dabei können die Verbraucher gar nix dafür. Schließlich hatte das System, dass sie gekauft haben, ein amtliches Prüfsiegel (eine ABE!). Das dürft eim Hinblick auf Schadenersatz (Rückbau, Eintrag, eventuelle Kosten für Fahrten in Umweltzonen...) noch sehr interessant werden.

     

    Also ob ein paar tausend Autos Auswirkungen auf die Feinstaubbelastung hätten! Ist doch lachhaft das Theater!