: Diepgen in froher Erwartung
■ Lehrstellenkonferenz ohne Empfehlung zur Umlagefinanzierung. Regierender Bürgermeister setzt auf Hoffnung. Noch 5.720 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) erwartet, daß sich die klaffende Schere zwischen Angebot und Nachfrage an Lehrstellen in Berlin bis Jahresende schließt. Das hat er gestern nach einer weiteren Sitzung der „Sonderkommission Ausbildungsplätze“ angekündigt. Die erwartete Empfehlung für eine Umlagefinanzierung der betrieblichen Ausbildung gab die Kommission jedoch nicht.
Noch immer suchen 5.720 Jugendliche eine Lehrstelle. Dabei steht schon fest: „Bis zum 30. September können nicht alle Jugendlichen versorgt werden“, so der Chef des Landesarbeitsamtes, Klaus Clausnitzer gestern. Wenn es darum geht, durch eine Umlagefinanzierung mehr Ausbildungsplätze zu schaffen, ziert sich der Regierende: „Ich möchte nichts ausschließen und nichts für möglich halten.“ Auch habe so eine Maßnahme nur eine langfristige Wirkung, sagte Diepgen, der nach schnellen Erfolgen sucht. Doch in der Senatsverwaltung für Arbeit und Berufsbildung zweifelt längst keiner mehr, daß eine entsprechende Gesetzesinitiative noch in diesem Herbst vorgelegt wird. Auch den Vorschlag, Betriebe, die nicht ausbilden, von der Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen, lehnte der Regierende Bürgermeister ab.
Diepgen und Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) warben erneut bei Kammern, Verbänden und öffentlichem Dienst, über den eigenen Bedarf hinaus auszubilden. „Vor allem bei der Bundesverwaltung, der Bundesversicherungsanstalt und der Senatsverwaltung gibt es noch Kapazitäten“, sagte Arbeitssenatorin Bergmann gestern. Mit Ausbildungsverbünden soll kleinen Betrieben ermöglicht werden, einen Lehrling aufzunehmen. Das von Bund und Ländern finanzierte Programm „Lehrstellen-Ost“ sieht für Berlin 1.500 Plätze vor.
Mit einem „Tag des Ausbildungplatzes“ versucht das Landesarbeitsamt, am 18. September noch mehr Stellen zu akquirieren, kündigte Behördenpräsident Klaus Clausnitzer gestern an. Beim neuesten Rettungsversuch sollen 400 Mitarbeiter seiner Behörde sowie Vertreter von Kammern, Verbänden, Gewerkschaften und Senat direkt vor Ort bei Firmeninhabern und Personalleitern für mehr Lehrstellen werben. Die Arbeitsämter sollen an diesem Tag nur mit einer Notbesetzung arbeiten. Torsten Teichmann
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