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Diebe im Postamt

■ Gespräch über etwas, was es eigentlich gibt / Der Postler - ein kriminelles Wesen?

Schreib mal wieder? Eine fragwürdige Aufforderung, seitdem vor wenigen Tagen bekannt wurde, daß im Postamt am Bahnhof seit Monaten die Post abgeht: Briefe wurden aufgerissen, Geld und Schecks entwendet. Nachdem anfänglich nur ein Bediensteter verdächtigt wurde, wurden schließlich 12 Mitarbeiter überführt. Der Pressesprecher der Postdirektion, Karl-Heinz Antelmann, nahm zu der Peinlichkeit Stellung:

taz: Sind alle 12 Mitarbeiter entlassen worden?

Karl-Heinz Antelmann: Die sind alle sofort suspendiert beziehungsweise entlassen worden, oder haben selbst gekündigt.

Wieviele Menschen arbeiten im Postamt?

Das Postamt Bremen 5 hat über 2000 Mitarbeiter. In der Briefabgangstelle, wo die Straftäter am Werke waren, arbeiten etwa 500 Leute.

Seit wann wurde geklaut und wieviel?

Das kann man noch nicht sagen. Auf jeden Fall geht es mehrere Monate zurück. Über die Zahl der entwendeten Sendungen haben wir noch keine genauen Erkenntnisse.

Was wurde bei den Hausdurchsuchungen festgestellt?

Es sind Beweismittel sichergestellt worden, über Art und Umfang kann ich nichts sagen.

Waren das nur Briefe oder auch Pakete?

Das bezieht sich ausschließlich auf Briefsendungen, dazu zählen auch päckchenartige Sendungen bis 1000 Gramm. Es sind sowohl gewöhnliche wie eingeschriebene Briefsendungen betroffen.

Wie stellten die Postarbeiter fest, in welchen Briefen sich Wertsachen befanden?

Es sind natürlich eine Menge Fehlgriffe dabei. Aber wenn etwa jemand einen Glückwunsch schickt und das dann noch draufschreibt, kann man schon davon ausgehen, daß da vielleicht ein 50-Mark-Schein drin ist. Oder wenn ein Schmuckhändler was einliefert...

Haben die Täter gemeinsam, also organisiert gehandelt?

Es gibt bislang keine Erkenntnisse, daß diese Straftaten bandenmäßig organisiert sind, obwohl die 12 Leute in einem Arbeitsbereich tätig sind und sich kennen.

Ist ein solcher Fall in Bremen schon mal vorgekommen?

Das ist mir nicht bekannt.

Ein Postler sagte mir mal, das sei völlig normal...

Das würde ich so nicht im Raume stehen lassen, das wäre ja schlimm. Man muß auf der einen Seite natürlich sehen, daß ein so personalintensives Unternehmen wie die Post mit 370.000 Beschäftigten immer auch ein paar schwarze Schafe darunter hat.

Auf der anderen Seite haben wir postinterne Ermittlungsstellen. Das sind Postbedienstete, die als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft tätig und für die vorbeugende und ermittelnde Betriebssicherung zuständig sind.

Kontrollieren die kontinuierlich, oder erst bei einem Verdacht?

Nur, wenn ein Verdacht besteht. Die spionieren natürlich nicht hinter jedem Bediensteten her. Aber man beobachtet natürlich sorgfältig, wie sich die Verlustmeldungen bei den Sendungen entwickeln. Im Übrigen sind die auch hinterher, wenn sich postexterne Täter an der Post zu schaffen machen, also etwa bei Briefkastenaufbrüchen.

Wieviele Leute sind in diesem Bereich tätig?

Beim Postamt 5 sind es zwei Kollegen, die aber hier zeitweilig Verstärkung erhielten.

Wie ist in diesem Fall der Verdacht aufgekommen?

Es gab eine Häufung von beschädigten Sendungen, die offensichtlich nicht durch maschinelle Einrichtungen beschädigt wurden.

Die Täter schicken also nach Geldentnahme den Brief weiter?

Na ja, die werfen den Brief in irgendeinen Beutel, um den Verdacht von der eigenen Dienststelle abzulenken. Und das wird bei der Empfangsstelle dieses Beutels festgestellt und zurückverfolgt. Aber teilweise verschwinden die Sendungen auch anders. Manches wird vernichtet, einiges ist mit nach Hause gegangen, einiges hat man versucht, in die Kanalisation zu entsorgen.

Gibt es zu Weihnachten höhere Verlustmeldungen?

Das kann ich nicht bestätigen. Das, was jetzt passiert ist, ist ein unangenehmer und spektakulärer Ausnahmefall. Die Postler sind in aller Regel ehrlich, und wenn scharze Schafe darunter sind, dann wird alles daran gesetzt, die zu fassen.

Fragen: Dora Hartmann

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