: Die tun was von Ralf Sotscheck
„Ford – die tun was.“ Aber leider kommt dabei oft Mist heraus. Vergangene Woche ließ die britische Niederlassung 40.000 Exemplare der Ford News einstampfen, nachdem ein Autohändler aus West Sussex eine am Stammtisch ersonnene Anzeige geschaltet hatte. Neben dem Hinweis auf die „bottom line“ – was in dem Fall sowohl „Mindestausstattung“ als auch „Hintern“ heißen kann – prangte ein nackter Frauenpo. Daneben der brüllkomische Satz, sich für fachmännischen Rat in Sachen „figures“ – „Zahlen“ oder „Figuren“ – an den pubertierenden Händler zu wenden.
„Unbekleidete Frauen zu benutzen, um Autos zu verkaufen“, so rügte Gewerkschaftspräsident Davey Hall, „ist sowohl eine Beleidigung für die Belegschaft, die sie herstellt, als auch für die Kunden, die sie kaufen.“ Das Ford-Management bekam weiche Knie, zumal die Anzeige von der Ford-Werbeagentur abgesegnet war. Flugs wurden neue Exemplare „mit einem passenderen Foto“ gedruckt.
Dabei hätte es vollauf gereicht, den Frauenhintern am Computer in einen Arsch mit Ohren umzuretuschieren. Denn in der Fälschung von Bildern sind die Ford-Reklameheinis geübt – ebenso wie in der Beleidigung der Belegschaft. Eine Woche zuvor hatte man nämlich eine Reklamebroschüre der Ford- Kreditabteilung in den Reißwolf geben müssen. Der Grund: Auf dem Gruppenfoto aus dem Ford- Werk in Dagenham waren vier dunkelhäutige Angestellte plötzlich blütenweiß, einen indischen Sikh hatte man am Computer rasiert und ihm den Turban weggenommen. Die 30jährige Patricia Marquis war nach der elektronischen Behandlung nicht nur hellhäutig, sondern 20 Jahre älter; dafür war aus dem 40jährigen schwarzen Keith Thomas ein 20jähriger Weißer mit Baseballmütze geworden und aus dem schwarzen, bärtigen Douglas Sinclair, der seit 30 Jahren bei den Blechbüchsenbauern arbeitet, ein glattrasierter, weißer Brillenträger. „Peinlich war das“, sagte Sinclair, „die Leute nannten mich den Mann mit den zwei Gesichtern.“
Vor fünf Jahren hatten die Schwarzen dem Autokonzern noch ins Konzept gepaßt: Für ein Werbefoto posierten sie mit 21 anderen Angestellten vor dem Werk in Dagenham – eine glückliche Multikultifordfamilie, die stolz auf ihren neuen Fiesta war. Ein Jahr später war die Fiesta vorbei. Die Ford-Werbeagentur ließ die Schwarzen verschwinden, bevor sie das Foto für den Reklamefeldzug nach Polen schickte. Offenbar glaubte man, daß im Land des blassen katholischen Lech Walesa dunkelhäutige Menschen hinterm Steuer nicht verkaufsfördernd seien. Vor anderthalb Jahren schickte die polnische Niederlassung das Bild nach Dagenham zurück, wo es nun für die Kreditwerbung wieder ausgegraben wurde.
Die Geschäftsführung hat den betroffenen schwarzen Angestellten inzwischen 1.500 Pfund Schmerzensgeld gezahlt – allerdings nicht freiwillig: Die gesamte Belegschaft hatte aus Protest die Arbeit niedergelegt. Die Ford- Bosse verstehen das nicht. Rassismus? Keine Spur. Es sei einfach ein Verwaltungsfehler gewesen, plapperte Herr Van Leeuwen, Geschäftsführer der Ford-Kreditabteilung. „Es gab absolut kein rassistisches Motiv.“ Genau. Statt daß die Neger dankbar sind, daß man sie ein bißchen aufgehellt hat.
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