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■ Die AnderenDie "Basler Zeitung", "Il Messaggero" und "Le Figaro" zum französischen Aids-Prozeß / Zur Erweiterung der Nato um Polen, Tschechien und Ungarn schreibt die "Financial Times"

Die „Basler Zeitung“ kommentiert das Urteil im französischen Aids-Prozeß: Die Pariser Richter wollten ein salomonisches Urteil fällen. Weder sollte der Eindruck aufkommen, die Politiker seien über das Recht der Republik erhaben, noch wollten sie die drei Angeklagten zu Sündenböcken machen für die ganze Aids-Tragödie. Der Richterbeschluß befriedigt nun überhaupt niemanden. Es muß nicht verwundern, daß sich die Richter mit einer solchen rhetorischen Pirouette aus der Affäre ziehen. Mit diesem Prozeß waren allzu viele falsche Erwartungen geschaffen worden. Den Opfern hatte man während Jahren vorgegaukelt, nun würden die eigentlichen Drahtzieher einer verbrecherischen Gesundheitspolitik zur Rechenschaft gezogen. Der Öffentlichkeit wurde vorgemacht, es käme die ungeschminkte Wahrheit aus Licht.

„Il Messaggero“ aus Rom meint zum Freispruch für den französischen Ex-Premierminister Laurent Fabius: Der Prozeß hat Streit ausgelöst. Die Opfer und ihre Angehörigen waren nicht als Zivilkläger zugelassen, sie waren damit vom Verfahren praktisch ausgeschlossen. Viele Zeugen wurden nicht gehört. Dem Prozeß ist es nicht gelungen, eine eindeutige strafrechtliche Verantwortung für zwei der Minister festzustellen. Aber das Urteil hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack. So herrscht der Eindruck, daß Politiker sich nie ihrer Verantwortung stellen müssen.

Zum Aids-Urteil schreibt „Le Figaro“: Frankreich täte gut daran, sich von seinen Nachbarn anregen zu lassen. Bei ihnen gibt es gleiches Recht für alle. Weder Großbritannien noch Italien, noch Deutschland kennt diese Sonderverfahren für Politiker. Ihre Straftaten werden, wenn sie aufgedeckt werden, von der regulären Justiz beurteilt. Nur Verwaltungsakte der Regierung unterliegen der Beurteilung der Parlamentarier oder einer Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der (für Politiker geschaffene) Gerichtshof ist eine wichtige Etappe. Dennoch war sein Auftakt eine Fehlleistung. Die Frage seiner künftigen Rolle, auf jeden Fall der Platz, der den Opfern eingeräumt wird, verdient, erörtert zu werden.

Zur Erweiterung der Nato um Polen, Tschechien und Ungarn schreibt die „Financial Times“: Es ist an der Zeit, die Kriterien für Nato-Mitgliedschaft genauer zu betrachten. Erstens sollten Staaten der Nato nicht lange vor der Aufnahme in die EU beitreten, nur weil das organisatorisch leichter ist. Eine engere Verzahnung von EU- und Nato-Mitgliedschaft wäre auch sinnvoll, wenn die EU eine stärkere Verteidigungsrolle übernimmt. Und andere Länder würden dann nicht in die gleiche Kategorie wie die Türkei fallen: innerhalb der Nato, aber außerhalb der EU. Zweitens sollten mögliche Mitglieder den politischen Willen und die militärische Kapazität zur Teilnahme am Krisenmanagement außerhalb des Nato-Gebietes haben.

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