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Die neuen Leiden des alten Hänel

■ In der Hockey-Bundesliga unterlagen die Damen des BHC Berlin der Mannschaft von Eintracht Frankfurt mit 1:3 / Der mit Abstand auffälligste und aufgeregteste Akteur auf dem Kunstrasen war BHC-Trainer Frank Hänel

Zehlendorf. Die Stimmung der Hockeydamen des Berliner HC war besser als ihr Tabellenstand. Vor dem Spiel gegen die Frankfurter Eintracht zierten die Berlinerinnen das Schlußlicht in der Bundesliga. Leben in die betuliche Spielstätte am Ernst-Reuter-Stadion brachte einzig und allein BHC-Trainer Frank Hänel. Auf Knien flehte er seine junge Frauschaft an, „in den ersten zehn Minuten topfit zu sein“, um nicht frühzeitig in Rückstand zu geraten. Es half nichts.

Bereits in der 6. Minute gelang Astrid Horn der Führungstreffer für die Hessinnen, die auch weiterhin das geschicktere Krummholz schwangen. Zwei kurze Ecken brachten jedoch nichts Zählbares, nur Trainer Hänel auf die Palme. „Das ist zu lässig“, brüllte der Jungcoach auf den Kunstrasen, daß sogar der Morgentau aufspritzte. Zuschauer, die sich mockierten oder selbst Tips zum Bessermachen an die Akteurinnen weiterreichten, wurden von Hänel an die strikte Einhaltung der Befehlshierarchie erinnert: „Wer gibt denn hier die Anweisungen?! Das verunsichert die Mädels doch nur!“

Seine Stimmbänder verflachten erst, als kurz vor Ablauf der ersten 35 Minuten Heide von Waldow für den BHC ausglich. Doch prompt brachte ihn die Gästespielerin Christine Berthold erneut in Wallung. Geschickt verwandelte die Schwester des Fußball-Nationalspielers eine der zahlreichen hessischen Strafecken zur 1:2-Halbzeitführung. Vorsorglich beorderte Galeeren-Hänel die BHC-Frauen zum Pausentee mitten auf das Spielfeld. Dennoch war sein Sopran unüberhörbar und lockte selbst das schläfrige SFB-Fernsehteam an.

Jetzt schienen auch seine Spielerinnen von der Ernsthaftigkeit der sonntäglichen Aufgabe überzeugt. Mit Pauken und Trompeten bestürmten sie das Gästetor, daß es Hänel gar zuviel wurde: „Nicht so früh aufmachen, wir haben noch Zeit. Ganz ruhig, Mädels!“ Und sie gehorchten prompt.

Lethargie machte sich auf den dünn besiedelten Zuschauerrängen breit, auf dem künstlichen Rasen mehrten sich die Fußfehler und mißlungenen Pässe. Ohne ihren Trainer wären die BHC-Akteurinnen zweifellos verloren gewesen, denn er war es, der die furchterregenden Rivalinnen ausmachte. „Die Schwarz-Weißen, das sind die Gegner“, jauchzte er, bevor er sich ohnmächtig auf der Tribüne niederließ. Dann blieb ihm die Spucke weg, und sein Organ ward nie mehr gehört.

Ohne trainerliche Unterstützung verkrochen sich die Berliner Hockeydamen endgültig auf ihren miesen Tabellenplatz. Schwund war Trumpf in Zehlendorf. Die Frankfurterinnen machten ihrerseits keinen Hehl aus ihrer Absicht, ohne größeren Kräfteaufwand beide Punkte mit nach Hause an den Main zu nehmen.

Kurz vor Ende der Damenpartie spielten sich die Eintracht -„Mädels“ nochmals bis vor das Berliner Gehäuse. Die allgemeine Konfusion der führungslosen Berlinerinnen ermöglichte es Christine Berthold, sich mit dem Treffer zum 3:1 erneut in die Torschützenliste einzutragen.

Jürgen Schulz

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