Die neue Rächtschreibung: Rechtschreibung großgeschrieben
■ Teil 6: Im dunklen oder im Dunklen tappen? Wer reicht die Taschenlampe?
Der Countdown in den Printmedien läuft: Am 1. August stellen die deutschen Presseagenturen auf ndR (neue deutsche Rechtschreibung) um. Die Tageszeitungen werden sich dem anschließen. Die taz-Bremen wird der Kulturrevolution vom 1. August schon mal ein bißchen vorgreifen: Bis zum August finden Sie jeden Mittwoch an dieser Stelle eine Lektion in neuer Orthographie – vorgestellt von Bremer DeutschlehrerInnen. Und nicht nur das – im Zuge unseres kleinen Lehrgangs – werden wir die neue Schreibweise auch gleich peu à peu einführen.
Schüler werden auch in Zukunft ihre Schwierigkeiten mit der Groß- und Kleinschreibung haben. Die generelle Einführung der Kleinschreibung hat sich nicht durchsetzen können. Ganz im Gegenteil werden nun noch mehr Wörter großgeschrieben: der Beste, der Letzte, im Übrigen.
Aber die Rechtschreibregeln, an die man sich jetzt halten muss, sind eindeutiger und überschaubarer geworden. Substantive schreibt man groß. Das ist bekannt. Schwierig wird es erst, wenn andere Wortarten wie Substantive gebraucht werden. Dann geraten auch Spezialisten ins Schwitzen und Schülerdiktate färben sich rot: Der Nächste bitte - schreibt man das nun groß oder klein? Die neue Rechtschreibung hat dafür eine einfache Lösung: Wortarten, die wie Substantive benutzt werden, schreibt man ganz einfach groß.
Ist man sich trotzdem nicht sicher, dann sollte man auf Artikel oder Zahlwörter achten. Wenn sie als Signalwörter vorausgehen (oder in Gedanken hinzugefügt werden können), schreibt man groß: der Nächste bitte; alles Übrige; im (=in dem) Wesentlichen.
Stolpersteine gibt es aber auch im hellen Licht der neuen Rechtschreibung: (die) vielen, (die) wenigen, (die) einen, (die) anderen werden kleingeschrieben. Das war schon immer so und ist auch so geblieben. Und die beiden bleiben auch klein, selbst wenn damit meine beiden großen Geschwister gemeint sind.
Das Schwarze Brett schrieb man bisher groß, die Schwarze Magie auch, aber das schwarze Schaf, die schwarze Liste und die schwarze Johannisbeere nicht. Warum das so war, konnte bisher keiner sagen.
In diesem Bereich der Eigennamen und festen Begriffe wird jetzt versucht, die Großschreibung einzuschränken. Das schwarze Brett und die scharze Magie müssen sich also in Zukunft an die Kleinschreibung gewöhnen. Nur die Eigennamen aus Biologie, Geographie und Geschichte erhalten sich ein Anrecht auf Großbuchstaben. Also: das Schwarze Meer, die Schwarze Johannisbeere. Der schnelle Brüter, das goldene Tor und die grüne Witwe haben dagegen in Zukunft keine Chance, durch Großschreibung mehr Anerkennung zu finden als bisher.
Es ist das Beste, Sie gewöhnen sich ganz langsam an die neue Schreibweise. - Sie haben ja noch eine Menge Zeit. Immerhin wissen Sie jetzt schon einmal, wie man es am bestem macht.
Karin Titgemeyer, Gymnasium Hermann-Böse-Str.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen