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Die langsamste Band der Welt

■ Melvins & Blind spielen zum zweiten Mal in diesem Jahr im Modernes :Wettergötter mit Donnern und Grollen

Die ,,Melvins“ sind die erste von vielen Bands, denen man ob ihres brachialen Sounds nachsagte, sie kämen aus Seattle. Tatsächlich kommen die Begründer des Seattle-Sounds aus Aberdeen, was immerhin in der Nähe liegt. Sie sind die Lieblingsband jedes amerikanischen College-Kids, das sich schon vor ,,Nirvana“ nicht für ,,Bon Jovi“ interessierte und beeinflußten so ziemlich jede laute Gitarren Band nach ihnen. Selbst beziehen sie sich jedoch allen Ernstes auf Kommerz-Acts wie ,,ZZ Top“ oder ,,Kiss“, und wenn das jemand belächelt, werden sie patzig.

,,Kiss“ und ,,ZZ Top“ waren zunächst denkbar weit weg, als ,,Blind“ am Samstag die äußerst undankbare Aufgabe hatten, ein nichtmal halb gefülltes Modernes für die ,,Melvins“ anzuwärmen. Die deutschen Newcomer schlugen sich allerdings wacker. Meist verließ man sich auf das bewährte wie wirksame Konzept, Popmelodien in infernalische Gitarren-Attacken umschlagen zu lassen, aber oft verband sich der inbrünstig leidende Gesang auch mit dem gestrengen Baß- und Schlag- zeugspiel zu so etwas wie HipHop. Funkige Gitarren-Breaks komplettierten einen überraschend abwechslungsreichen Gig.Abwechslungsreich ist die Musik der ,,Melvins“ ebenfalls, nur geht das US- Trio alles eine Idee gemächlicher an. Nicht umsonst haben sie ihren Ruf als wahrscheinlich langsamste Band der Welt weg. Haben sie sich erstmal auf ein Riff (Lieblingsmelodie des Abends, Anm. d. Red.) geeinigt, wird es so oft rauf und runter gespielt, bis auch die kleinste Nuance erforscht ist, was gemeinhin eine ganze Weile dauert. Umso erstaunlicher, daß sie es am Samstag schon zum zweiten Mal in einem Jahr auf einer Bremer Bühne schafften, ihre berüchtigte ,,wall of sound“ als unterhaltsames Live-Set zu präsentieren. Die Forschungsreisen auf Baß und Gitarre klangen bei aller Grobheit glasklar, durchstrukturiert und trotzdem im guten, alten Rock- Geist aus dem Bauch in die Saiten gehauen. Der neue Drummer fügte sich perfekt ins Bild der Ur-Mitglieder ein. Wie ein übellauniger Gott, der sieben Tage Regenwetter machen wollte, ließ er es donnern und grollen, setzte viele Höhe- punkte, artete aber nie in Kraftmeierei aus. Bei leiseren Tönen gerieten die ,,Melvins“, sogar schonmal in Jazz-Gefilde, obwohl sie das vermutlich gar nicht gerne hören. Zogen sie dann doch hin und wieder das Tempo an, waren sie ganz nah an ,,Black Sabbath“, einer weiteren Band aus dem großen ,,Melvins“-Einfluß-Katalog.

Selbstredend konnte man zu diesem eigenwilligen Stilwechselbad nicht tanzen und nur sehr langsam headbangen, sodaß mancheR sich bald erschlagen von den Sound-Breitseiten in die Stuhlreihen sinken ließ, aber diese Musik funktioniert ohnehin auch im Sitzen. Den hartgesottenen Fans war es indes noch zu leise. Mit Gebrüll wollten sie den Tonmenschen zu mehr Volumen überreden, aber der beließ die Lautstärke auf einem tatsächlich unangemessen verhaltenen Niveau. Dies und das frühe, zugabenlose Ende waren die einzigen Wermutstropfen bei einem Rock-Konzert, das die vermeintliche Berechenbarkeit solcher Veranstaltungen immer wieder aufzubrechen verstand

Andreas Neuenkirchen

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