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Die grüne Wahladresse

■ Dokumentarische Auszüge aus dem sogenannten „Antje–Papier“ (NRW–Antrag)

Der „Brief an unsere Wählerinnen und Wähler“, der auf der grünen Bundesversammlung nicht nur eine deutliche Mehrheit fand, sondern auch die traditionellen Flügelkämpfe in der Partei auf die Zeit nach der Wahl vertagte, hat eine zentrale Argumentation: den Wählern die politischen Konsequenzen zu verdeutlichen für den Fall, daß die Grünen aus den Parlamenten verschwinden. Der Brief warnt vor der „ geschlossenen Gesellschaft der Machtverwalter“, die wieder versuchen werde, „die sozialen Bewegungen auf sicherem außerparlamentarischen Abstand“ zu halten. Am Schluß heißt es: „Wir melden uns in einer Zeit des politischen Umbruchs ... in der deutschen Politik. Es geht entweder rückwärts in eine autoritäre Gesellschaft oder vorwärts zu einer friedlicheren, ökologischen demokratischeren Republik. Es ist klar: wir wollen die andere Republik.“ Das Papier verzichtet auf die Auflistung bekannter grüner Forderungen, Knackpunkte, Positionen und Ziele. Es geht vielmehr um die politische Rolle der Grünen als erste pazifistische Partei in der Nachkriegsgeschichte. Wir wollen eine gründliche und ehrliche Abrechnung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit.“ „Die Grünen sind die erste emanzipatorische Partei. Eine Partei, in der die Männer lernen müssen...“ „Die Grünen verstehen sich als Anwälte des Lebens.“ „Die Grünen sind die Partei, die den sozialen Bewegungen gehört..“ Diese Bemühungen, aus dem üblichen grünen Jargon auszubrechen, haben Kritik von der Bundesversammlung einstecken müssen: Das Papier sei zu pathetisch, zu pastoral, hieß es auf dem Parteitag. Andere sahen immer noch die Überzeugung am Werk, wonach die Grünen die besseren Menschen sind. Strittig unter Grünen ist die Behandlung der Bündnisfrage und ihre Vertagung auf die Zeit nach der Wahl. Es wird gesagt: „Ein Machtwechsel ... ist in der jetzigen Situation nur bei einer Zusammenarbeit zwischen Grünen und SPD möglich.“ Der Brief beschränkt sich aber darauf, „der SPD Verhandlungen anzubieten“, „wenn das Wahlergebnis das zuläßt.“ Grundsätzlicher Vorwurf gegen die SPD: „Langfristigen Machtinteressen opfert sie die jetzigen historischen Möglichkeiten.“ Aber es wird eingeräumt, daß die Möglichkeit besteht, daß die SPD „heute ernsthaft einen Ausstieg“ aus ihrer bisherigen Politik suche. Eine These, die in Nürnberg die Fundamentalisten empörte. Anderseits heißt es: die SPD „erwies sich als die effektivste innergesellschaftliche Ordnungsmacht“. Dem konnten nun wieder grüne Realpolitiker wie Schily nicht zustimmen. KH.

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